Verantwortung in Afghanistan
Im Januar wird der Bundestag erneut über die Verlängerung des Afghanistan-Mandats für die Bundeswehr entscheiden. Wie auch im vergangenen Jahr wird diese Entscheidung von großer Öffentlichkeit wahrgenommen und sie berührt auch tatsächlich einen besonders sensiblen Bereich der Politik. Immerhin geht es hier auch um die Frage, ob und unter welchen Umständen deutsche Soldatinnen und Soldaten in einer gefährlichen Region nicht selten unter Einsatz ihres Lebens Dienst tun sollen. Daher wird diese Entscheidung von allen Abgeordneten sorgfältig abgewogen.
Meine eigene Positionierung und die meiner Fraktion wird vor allem von dem vorgelegten Mandatstext der Bundesregierung abhängen, den wir derzeit noch nicht kennen. Im vergangenen Jahr habe ich der Verlängerung des Mandats zugestimmt und damit die Erwartung verknüpft, dass die Bundesregierung eine Evaluation des gesamten Einsatzes vorlegt, einen Korridor für einen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan darstellt und im Jahr 2011 mit dem Abzug beginnt. Mit dem Fortschrittsbericht zu Afghanistan, der im Dezember vorgelegt wurde, hat die Bundesregierung einen ersten Teil der Forderungen erfüllt, obwohl auch dieser noch Fragen offen lässt. Die internationale Staatengemeinschaft scheint sich auch mittlerweile auf einen Abzugskorridor festzulegen. Nur bei der Zusage, in 2011 mit dem Abzug der Bundeswehr zu beginnen, mauert die Bundesregierung derzeit noch. Deshalb hat Frank-Walter Steinmeier in diesen Tagen für die SPD-Fraktion zu Recht noch einmal verdeutlicht, dass diese Voraussetzung für die Zustimmung der Sozialdemokraten zur Mandatsverlängerung von sehr großer Bedeutung ist.
Für mich selbst ist das Jahr 2011 im Zusammenhang mit Afghanistan ein besonderes Jahr, da Soldatinnen und Soldaten aus der Glückauf-Kaserne in meinem Wahlkreis in diesem Jahr in Afghanistan im Einsatz sein werden. Bei einem Besuch des Logistikbataillons 7 konnte ich mir ein Bild von der intensiven Vorbereitung der Soldatinnen und Soldaten auf ihren Einsatz machen. Da ich selbst nicht bei der Bundeswehr war, war es mir wichtig, einen Eindruck von der Arbeit zu bekommen und diesen in meine Entscheidung im Bundestag einzubeziehen. Nach einem Tag, bei dem ich verschiedene Ausbildungsmodule beobachten konnte, meine ich, dass die Vorbereitung sehr strukturiert und professionell abläuft. Alle Beteiligten sind sich der Gefahren und der Verantwortung in besonderem Maße bewusst und wollen durch die verschiedenen Übungen vor allem Sicherheit und Teamwork verbessern. Die Übungen wurden intensiv ausgewertet und diskutiert. Jeder und jede muss sich auf den anderen verlassen können. Insofern glaube ich, dass der Einsatz seitens der Bundeswehr so gut wie möglich vorbereitet wird.
Als Abgeordneter trage ich mit meiner Entscheidung Verantwortung für alle Soldatinnen und Soldaten, die in Afghanistan eingesetzt werden. Es dürfte jedoch auf der Hand liegen, dass ich in dem Jahr, in dem die Einheiten aus meinem Wahlkreis nach Afghanistan gehen, die ich teilweise beim Einkaufen oder in der Stadt treffen kann, eine besondere Verantwortung für die Soldatinnen und Soldaten aus Unna spüre. Dem versuche ich, so gut es geht gerecht zu werden.
Ob der Verteidigungsminister dieser Verantwortung mit seinen zurückliegenden Fernsehauftritten in Afghanistan gerecht wurde, wurde in den vergangenen Wochen öffentlich heftig debattiert. Eins vorweg: es ist natürlich vollkommen richtig, dass der Verteidigungsminister regelmäßige Truppenbesuche abstattet und sich ständig über den Einsatz vor Ort informiert. Es ist auch in Ordnung, wenn er seine Frau mitnehmen möchte. Ob er das medial darstellen muss, sei dahin gestellt. Die Guttenbergs sind sich jedenfalls über die öffentliche Wirkung ihrer Inszenierung bewusst. Für völlig verfehlt hate ich jedoch die Aufführung einer Talkshow in Afghanistan, bei der Soldatinnen und Soldaten die Kulisse abgeben. Der Eindruck drängt sich auf, dass er bewusst vor allem dieses Bild herstellen wollte. Bei aller Kritik daran hoffe ich jedoch, dass die Afghanistan-Entscheidung eben nicht von solchen Nebenschauplätzen dauerhaft überschattet wird.