Energiewende ist mehr als Raus aus der Atomenergie!
Vor einem halben Jahr war die Trennlinie in der Energiepolitik der Ausstieg aus der Atomenergie. Dieser wurde von CDU/CSU und FDP gegen jede Vernunft und gegen die SPD aufgegeben. Nun traut man kaum noch seinen Augen, denn diejenigen, die gestern noch eine möglichst lange Laufzeit von Atomkraftwerken für unausweichlich hielten, wollen heute nie dafür gewesen sein.
Der Atomausstieg scheint nun nicht mehr aufzuhalten und das ist auch gut so. Besser späte Erkenntnis bei CDU/CSU als nie. Doch Unterschiede zwischen SPD und schwarz-gelber Koalition in Berlin gibt es in der Energiepolitik dennoch genug. Denn wenn es nur darum ginge, die Atomkraftwerke abzuschalten und möglichst bald zu 100 % Strom aus erneuerbaren Energien zu produzieren, würde die Energiewende als technologischer Wechsel verkümmern. Die Qualität der Energiewende bemisst sich meiner Meinung nach eben auch daran, inwieweit es uns gelingt, die Marktmacht der Großkonzerne aufzubrechen. Etwa 80 % des in Deutschland produzierten Stroms werden von vier Konzernen produziert. Deren Gewinne haben sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten vervielfacht. Die Verbraucherpreise für Strom sind seit 2000 um 50 % gestiegen. Gleichzeitig hat es im letzten Jahr sogar negative Preise für Strom an der Strombörse gegeben. Das zeigt den wenig ausgeprägten Wettbewerb der Stromanbieter in Deutschland zu Lasten der Verbraucher und zu Gunsten der Renditen. Selbst die Bundesnetzagentur sieht Spielräume für die Senkung von Strompreisen.
Doch stattdessen werden steigende Strompreise für die Energiewende prognostiziert. Womöglich entstehen sogar höhere Kosten durch den Neubau von Anlagen und Netzen. Aber höhere Strompreise, um die Renditen durch die Verbraucher zu finanzieren? Und wenn schon höhere Strompreise, warum dann ausgerechnet zu Gunsten derer, die Preissenkungspotenziale nicht an die Verbraucher weiter geben und deren zementierte Marktmacht den Umbau des Energiesektors eher noch behindert hat? Und dürfen die weiterhin die Kontrolle über die Netze ausüben?
Ganz sicher gehören auch die jetzigen Marktteilnehmer zu denen, die man für die Energiewende braucht. Aber nicht, um ihre Marktmacht zu zementieren! Es muss mehr Wettbewerb im Strommarkt geben und deshalb entscheidet sich die Qualität der Energiewende auch darin, ob es gelingt, echten Wettbewerb und Dezentralität herzustellen. Deshalb setze ich mich auch für die wirtschaftliche Betätigung von Stadtwerken ein. Überall dort, wo sie sich zusammen tun und in zukunftsträchtige Energie investieren, kommt auch etwas für die Verbraucher heraus.