Erste Lesung zum europäischen Stabilisierungsmechanismus

Die Stabilisierung des Euros und die Schuldenkrise in Europa waren neben den Haushaltsberatungen die zentralen Themen dieser Sitzungswoche.

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt. Die Bundesrepublik soll Bürgschaften bis zu gut 211 Milliarden Euro im Rahmen des sogenannten Euro-Rettungsschirms zur Verfügung stellen.  Damit wird der bisherige Gewährleistungsrahmen Deutschlands um gut 88 Milliarden Euro aufgestockt. Das Gesetz wurde in erster Lesung im Bundestag debattiert und wird nun in den einzelnen Fachausschüssen weiter beraten. Eine Abstimmung soll Ende September durch geführt werden.

Die Fraktionen der SPD und der Grünen haben ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Unterstützung der Euro-Rettungspläne erklärt, aber weitere Aufklärung über Details verlangt. Im Mittelpunkt steht dabei für die SPD-Bundestagsfraktion die Frage der Einbindung des Finanzsektors zur Finanzierung der Hilfen.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat ein eigenes Konzept zur Zukunft Europa und seiner gemeinsamen Währung vorgelegt. Die Kernpunkte und Forderungen:

  • Eine konsequente und gerechte Konsolidierungspolitik für die betroffenen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Wer sich hoch verschuldet, liefert sich den Kapitalmärkten aus und wird, wenn das Vertrauen verloren geht, durch hohe Zinslasten in immer neue Schulden hineingetrieben. Diese Spirale muss unterbrochen werden. Zur Konsolidierung gehört die Bekämpfung von Korruption, Klientelpolitik und Steuerhinterziehung. Einsparungen im Haushalt sind ebenso erforderlich wie die Durchsetzung der Besteuerung. Auch Steuererhöhungen für Wohlhabende gehören in den betroffenen Staaten dazu.
  • Ein intelligenter Schuldenschnitt. Kann ein Land seine Schulden nicht mehr bezahlen, weil die Einnahmen zu gering und die Schulden zu hoch sind, kann ein Schuldenschnitt durchgeführt werden. Dabei wird wie bei einem Konkurs eine Ausgleichsquote beziehungsweise Restwert festgelegt. Diesen Wert muss das Land zurückzahlen, der Rest der Schulden wird von den Gläubigern erlassen. Ausgabenkürzungen und Strukturreformen reichen nicht aus, um Griechenland aus der Schuldenfalle herauszuführen. Deshalb muss der Privatsektor auf einen Teil seiner Forderungen verzichten.
  • Eine Europäische Wachstumsinitiative, die den Menschen neue Hoffnung gibt und zu einer ausgeglichen Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der Währungsunion beiträgt. Für die Jugend ist Europa vom Symbol der Hoffnung zu einem Symbol der Angst und der Bedrohung geworden. Mehr als 5 Millionen junge Menschen in Europa sind arbeitsloslos. In Spanien sind es mehr als 45%, in Griechenland 50%. Die Finanzierung einer solchen Wachstumsinitiative sollte über eine europaweite Finanztransaktionssteuer erfolgen.
  • Intelligent und verantwortlich konstruierte „Euro-Bonds“ können ein weiterer Stabilisierungsanker für die Euro-Zone in schwieriger Lage sein. Deswegen darf diese Möglichkeit nicht tabuisiert, sondern sollte geprüft werden. Eurobonds stehen für gemeinsame EU-Anleihen. Dies bedeutet, dass die EU-Staaten gemeinsam Kredite am Finanzmarkt aufnehmen und auch gemeinsam für die Rückzahlung der Zinsen haften. Länder, die hoch verschuldet sind, würden so günstigere Zinsen bekommen, weil Länder wie Deutschland mit haften. Dies könnte ein wichtiges Instrument sein, um die Märkte zu beruhigen. Allerdings muss es an strenge Kriterien gebunden sein. Wer gegen Auflagen verstößt, muss einen Teil der Haushaltssouveränität abgeben.
  • Unverzichtbar ist eine effektive Regulierung der Finanzmärkte. Sie muss in Europa und weltweit entschlossen voran getrieben werden. Das Volumen des spekulativen Kapitalmarktes, der sich nahezu jeder Aufsicht entzieht, ist nach der Krise nicht gesunken, sondern wieder gewachsen.
  • Eine politische Aufgabe ersten Ranges ist die gemeinsame Wirtschaftsregierung, die koordinierte Europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik. So schwierig dieser Schritt ist, so unausweichlich wird er sein. Die Europäische Wirtschaftsregierung muss die staatlichen Ausgaben stärker koordinieren, Haushalte schärfer kontrollieren und die gemeinsamen Wettbewerbsregeln im Binnenmarkt umfassender harmonisieren.