Finanzmarktkrise in Europa
Der Erwartungsdruck ist sehr hoch, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung und Europa endlich zu einer klaren Haltung finden. Entschieden werden muss über die Funktionsfähigkeit des Euro-Rettungsschirms, die sogenannte EFSF = Europäische Finanzstabilisierungsfazilität. Der EFSF stehen 440 Milliarden Euro als Hilfsmaßnahmen zur Verfügung. Deutschlands Garantieanteil beträgt 211 Milliarden Euro. Es gibt sogar Stimmen, die eine weitere Ausweitung des Rettungsschirms fordern. Darüber hinaus brauchen wir endlich eine Entscheidung über den Schuldenschnitt im Falle Griechenlands, also einem Schuldenerlass, und über die nötige Stabilisierung der Banken.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich bereits positioniert und einen umfassenden Antrag mit verschiedenen Maßnahmen zur Stabilisierung der Euro-Zone vorgelegt.
Darin fordern wir unter anderem:
• dass den von der Finanzkrise betroffenen Ländern mit einer wirksamen und nachhaltigen Wachstumsstrategie geholfen wird und dass Griechenland eine realistische und tragfähige Wachstums- und Konsolidierungsperspektive erhält. Um die Schuldentragfähigkeit Griechenlands wieder herzustellen, wird man um einen Schuldenschnitt, also um einen Erlass eines Teils der Schulden, nicht umhinkommen. Private Gläubiger müssen dazu einen Beitrag leisten;
• dass Akteure des Finanzsektors an den Kosten der Krisenbewältigung durch die schnellstmögliche Einführung der von der EU-Kommission in diesem Monat vorgeschlagenen Finanztransaktionssteuer beteiligt werden. Sollte eine Durchsetzung in der gesamten Europäischen Union nicht möglich sein, ist die Finanztransaktionssteuer in der Euro-Gruppe oder in einem Zusammenschluss mehrerer Einzelstaaten einzuführen. Die Einnahmen sollen in Wachstums- und Beschäftigungsprogramme fließen;
• dass die Regulierung und damit die Kontrolle der Finanzmärkte verschärft wird. Nur diejenigen Finanzprodukte dürfen zugelassen und gehandelt werden, die auch kontrolliert werden können. Die Staaten dürfen durch die Finanzmärkte nie wieder erpressbar sein. Notwendig sind höhere Eigenkapitalquoten der Banken. Die Banken müssen also nach Abzug all ihrer Schulen und Verpflichtungen noch einen Grundstock an eigenen Mittel aufweisen, der sie in Krisenzeiten absichert. Notwendig ist auch eine Trennung von riskantem Investmentbanking und dem allgemeinem Kundengeschäft, ein geordnetes Insolvenzverfahren für systemrelevante Finanzmarktakteure, das Verbot hochspekulativer Geschäfte und eine verstärkte Transparenz und Aufsicht über Finanzgeschäfte;
• dass der dauerhafte europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) vorgezogen wird und zeitnah, möglichst bis spätestens bis Mitte 2012, in Kraft tritt. Die Europäische Finanzstabilitätsfazilität (EFSF) hat bislang kein ausreichendes Vertrauen in Europa zurückgewinnen können. Die bestehende Skepsis würde verstärkt, falls die Mittel der EFSF durch den Einsatz von technischen Hebeln erhöht werden sollten, die gerade kein klares politisches Bekenntnis der Regierungen der Mitgliedstaaten sind, die Krise bekämpfen zu wollen.
• dass die unfertige Währungsunion zu einer umfassenden stabilitäts- und wachstumsorientierten Wirtschafts- und Fiskalunion ausgebaut wird. Der Euro kann auf Dauer nur erfolgreich sein, wenn die Mitgliedstaaten neben der Geldpolitik auch ihre Haushalts-, Finanz-, Wirtschafts- und auch Sozialpolitiken eng koordinieren. Erforderlich sind eine stärkere Kontrolle und eine direkte Einflussnahme der Europäischen Union auf die Staatshaushalte der Mitgliedstaaten.
In dieser labilen Lage ist die deutsche Bundesregierung gefordert, zusammen mit den anderen europäischen Regierungen einer weiteren Verschärfung der Krise durch entschlossenes Handeln entgegen zu treten. Die nächste Sitzung des Europäischen Rates muss dazu genutzt werden, um über kurzfristiges Krisenmanagement hinaus die Ursachen der Krise zu bekämpfen. Dieser Europäische Rat ist für die weitere Zukunft des Euros von zentraler Bedeutung: Er muss ein Erfolg werden!