Bericht vom SPD-Bundesparteitag

Auf ihrem Bundesparteitag vom 04. bis 06. Dezember in Berlin hat die SPD ein starkes Signal der Geschlossenheit und des Aufbruchs zu neuer Regierungsverantwortung 2013 gegeben. Bei Steuern und Finanzen, wie bei der Arbeits- und Sozialpolitik haben wir realistische und ehrliche Konzepte vorgelegt. Wir zeigen einen Weg, wie Deutschland die großen Zukunftsaufgaben der Bildung, der Chancengleichheit, des Klimaschutzes, der Energiewende, der kommunalen Dienstleistungen und des Schuldenabbaus anpacken kann. Deutschlands Zukunft liegt in Europa – auch diese Botschaft geht von der Sozialdemokratie aus.

Die wichtigsten Ergebnisse der Beschlüsse:

Parteireform
• Die SPD setzt sich das Ziel, dass in allen Führungsgremien der Bundespartei zukünftig 15 Prozent der Mitglieder über eine Migrationsgeschichte verfügen.
• Bei der Aufstellung von Landeslisten gilt zukünftig ein Reißverschluss zwischen Mann und Frau.
• Mitgliederbegehren und Mitgliederentscheide werden erleichtert. Das Quorum wird gesenkt. Die Mitglieder können künftig auf allen Gliederungsebenen Sachentscheide durchführen. Gliederungen können – wie bisher – bei der Aufstellung von Einzelkandidaten/innen für öffentliche Ämter und Mandate Nichtmitglieder beteiligen, wenn es mindestens zwei Kandidat/innen gibt.
• Die Arbeitsgemeinschaften werden durch Themenforen ergänzt.
• Nichtmitglieder können in den Arbeitsgemeinschaften und Themenforen volle Mitgliedsrechte erhalten.

Arbeit und Rente
• Die SPD fordert einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 €.
• Der Missbrauch von Minijobs und Leiharbeit muss beendet werden. Als ersten Schritt soll eine Begrenzung der Wochenarbeitszeit bei Minijobs auf 12 Stunden eingeführt werden. Der Grundsatz „gleiches Geld für gleiche Arbeit“ muss für Stammbeschäftigte und Leiharbeiter ohne Ausnahme gelten.
• Den für 2012 vorgesehenen Einstieg in die Rente mit 67 will die SPD aussetzen, bis mindestens 50 Prozent der 60‐ bis 64‐Jährigen sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind. Der Übergang in die Rente soll flexibler gestaltet werden, weil starre Regeln nicht der persönlichen Leistungsfähigkeit der Menschen gerecht werden. Zeiten geringen Verdienstes sowie der Arbeitslosigkeit sollen bei der Berechnung der Rente höher bewertet werden.

Steuer- und Finanzpolitik
• Die SPD will Schulden abbauen, Steuern gerecht gestalten und in Bildung und Kommunen investieren. Dafür müssen die Finanzmärkte konsequent reguliert werden. Die SPD fordert u.a. eine Finanztransaktionssteuer mindestens im Euro‐Raum einzuführen und bestimmte hochspekulative Geschäfte zu verbieten.
• Die SPD will die konjunkturellen Steuermehreinnahmen dafür verwenden, die Neuverschuldung zu senken. Unnötige und ökologisch nachteilige Subventionen sollen ebenso abgebaut werden wie selektive Steuerbegünstigungen, wenn sie nicht zielgerichtet sind, keine sozialen Nachteile ausgleichen oder sogar gesellschaftlich unerwünschtes Verhalten fördern. Insgesamt werden so knapp 15 Mrd. € gesamtstaatlich eingespart, davon 9 Mrd. beim Bund.
• Um mehr in Bildung und Kommunen zu investieren, soll der Spitzensteuersatz für Bezieher höherer Einkommen auf 49 Prozent erhöht werden (ab einem jährlichen Einkommen von 100.000 € bzw. 200.000 € für Verheiratete).
• Die SPD fordert eine Reform der Vermögens‐ und Kapitalertragsbesteuerung (Anhebung Abgeltungssteuer, jährlich 10 Mrd. Euro Mehreinnahmen durch Vermögensbesteuerung).
• Für Bildung sollen ab 2016 10 Mrd. € mehr an Bundesmitteln zur Verfügung stehen. 10 Mrd. € werden zusätzlich für die Länder mobilisiert. Um die Lebensqualität für alle zu steigern, sollen die Städte und Gemeinden mehr Geld für Soziales und Kultur zur Verfügung haben. Deshalb sollen Städte und Gemeinden ab 2016 zusätzlich zur Übernahme der Grundsicherungskosten jährlich rund 4 Mrd. € mehr erhalten.

Gesundheit
• Die SPD wird gegen eine zunehmende Zwei‐Klassen‐Medizin vorgehen. Deshalb fordert die SPD die Bürgerversicherung. Sie gewährleistet Gleichbehandlung und verhindert einen massiven Kostenanstieg für Gesetzlich‐ und Privatversicherte.
• Auch für die Pflege wird eine Bürgerversicherung angestrebt, deren Kosten Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu gleichen Teilen tragen. Zudem soll Pflege durch Angehörige und professionelle Helfer aufgewertet und prekäre Beschäftigung zurückgedrängt werden.
• Bürgerversicherung im Gesundheitssystem bedeutet: Es gibt nur noch ein Versicherungssystem für alle Bürgerinnen und Bürger. Auch die privaten Versicherungsunternehmen können die Bürgerversicherung anbieten. Damit wird die Bevorzugung von Privatversicherten beendet. Allein die Krankheit ist künftig ausschlaggebend dafür, wie und wann jemand behandelt wird.
• Die Arbeitgeber müssen wieder zur Hälfte an den Kosten des Gesundheitssystems beteiligt werden. Die Arbeitnehmerbeiträge sinken. Aber nur diejenigen Arbeitgeber müssen mehr zahlen, die besonders hohe Löhne zahlen und Boni, wie zum Beispiel Banken und Versicherungen.

Ergebnisse der Wahlen zum Parteivorstand
Die SPD hat auf ihrem Parteitag auch einen neuen Vorstand gewählt, mit dem sie die nächsten zwei Jahre ihre Beschlüsse umsetzten will. Sigmar Gabriel und Andrea Nahles sind in ihren Ämtern bestätigt worden. Als stellvertretende Parteivorsitzenden wählten die Delegierten Hannelore Kraft, Aydan Özoğuz, Olaf Scholz, Manuela Schwesig und Klaus Wowereit.

Die einzelnen Stimmergebnisse und die Ergebnisse zu den Wahlen der Beisitzer finden Sie unter:
http://beta.vorwaerts.de/Parteileben/2192/parteitag_wahlergebnisse.html

Meinen Bericht zum SPD-Bundesparteitag finden Sie auf meiner Homepage unter:
https://www.oliver-kaczmarek.de/2011/12/bundesparteitag-2011-die-spd-ist-wieder-da-aber-noch-nicht-am-ziel

Die Beschlüsse im einzelnen und weitere Informationen finden Sie unter:
http://www.spd.de/aktuelles/Parteitag_2011/21424/beschluesse_bpt_2011.html