Regierungserklärung zu den Ergebnissen des Europäischen Rats am 08. und 09. Dezember in Brüssel
Am Mittwoch dieser Sitzungswoche hat Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Regierungserklärung die Ergebnisse der letzten Sitzung des europäischen Rats vorgestellt.
Aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion sind die erzielten Ergebnisse unbefriedigend. Sie geben keine Antwort darauf, wie der derzeitigen Krise kurzfristig entgegen getreten werden muss. Weiterhin wird ignoriert, dass die Krise zu einem erheblichen Teil auf gravierende Fehlentwicklungen an den Finanzmärkten und grundlegende wirtschaftliche Ungleichgewichte zurückzuführen ist. Das dringende Refinanzierungsproblem von mittlerweile mehreren Staaten und vielen Banken ist jedoch immer noch ungelöst.
Hinzu kommt, dass die Ergebnisse des Gipfels einen hohen Preis eingefordert haben: Großbritannien will sich nicht an den Maßnahmen beteiligen. Die Gefahr ist eine Zersplitterung Europas, ohne das die Krise gelöst wird.
In einem Entschließungsantrag hat die SPD-Bundestagfraktion am Mittwoch eine Alternative aufgezeigt.
Wir fordern die Bundesregierung auf:
• sich dafür einzusetzen, dass die Wirtschafts- und Währungsunion zu einer stabilitäts- und wachstumsorientierten Wirtschafts- und Fiskalunion ausgebaut wird.
• sich neben den vorgeschlagenen Vertragsanpassungen aktiv für eine Weiterentwicklung und Stärkung der europäischen Institutionen einzusetzen. Das Europäische Parlament muss mittelfristig zu einem vollwertigen europäischen Gesetzgeber werden mit eigenem Gesetzesinitiativrecht.
• neben den Spar- auch Wachstumsprogramme für die überschuldeten Mitgliedstaaten aufzulegen. Haushaltskonsolidierung kann nicht allein durch
einseitige Ausgabenkürzung und Strukturreformen erreicht werden. Der Erfolg des europäischen Wirtschaftsmodells basiert auf der Verknüpfung von Wachstum und sozialer Sicherheit. Nur wenn dies gewährleistet ist, können Reformen gelingen.
• den ESM-Vertrag (Europäischer Stabilitätsmechanismus) unverzüglich zu finalisieren und den nationalen Parlamenten zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen. Der ESM muss über wenige, dafür aber wirksam anwendbare und klare Instrumente und Verfahrensregeln verfügen.
• die Finanztransaktionssteuer nun unverzüglich umzusetzen, in einem ersten Schritt zumindest zwischen den Staaten des Euro-Raums. So kann die Beteiligung des Finanzsektors an den Kosten der Krise sowie an der Förderung von Wirtschaftswachstum sichergestellt werden.
Den Entschließungsantrag der SPD-Bundestagfraktion finden Sie unter:
http://dip.bundestag.de/btd/17/081/1708135.pdf
Zur Information: Die zentralen Beschlüsse aus Brüssel
Die sogenannte Fiskalunion
Die Euro-Länder schließen untereinander einen Vertrag über schärfere Finanz- und Haushaltsregeln. Diesem Vertrag können sich auch Nicht-Euro-Länder anschließen. Neun der zehn Nicht-Euro-Staaten sind interessiert.
Inkrafttreten des Vertrages
Die Euro-Länder haben sich klar festgelegt, wann der neue Vertrag, der technisch Teil des Vertrags über den permanenten Rettungsschirm ESM sein wird, unterzeichnet werden soll: im März 2012 oder früher. Wann er dann in Kraft tritt, hängt davon ab, wie schnell er in den teilnehmenden Staaten nach deren jeweiligen parlamentarischen Regeln ratifiziert wird.
Die Schuldenbremse
Deutschland hat sie schon, Spanien auch und Frankreich plant sie. Nun sollen alle Euro-Länder eine Schuldenbremse einführen. Die Länder sollen sich bindend verpflichten, „ausgeglichene“ Haushalte oder solche mit Überschuss zu beschließen.
Sanktionen bei Verstößen
Defizitsünder müssen künftig vor allem damit rechnen, dass sie früher erwischt werden und es kaum noch politische Hintertüren gibt. In dem Beschluss des Gipfels wurde festgelegt, es solle „automatische Konsequenzen“ geben für ein Land, sobald die EU-Kommission feststellt, dass es die vom Stabilitätspakt festgelegte absolute Obergrenze von drei Prozent Haushaltsdefizit überschritten hat. Die Strafen, reichen von politisch peinlicher Bloßstellung bis hin zu Geldstrafen.
Das Volumen des neuen Rettungsschirms
Eigentlich sollte der ESM seine Arbeit erst Mitte 2013 aufnehmen, wenn der gegenwärtige Rettungsschirm EFSF (Europäische Finanzstabilisierungs-Fazilität) ausläuft. Doch um dessen Wirksamkei zu erhöhen, haben sich die Länder darauf geeinigt, den ESM auf Mitte 2012 vorzuziehen und ihn ein Jahr mit der EFSF parallel laufen zu lassen. Gegenwärtig befinden sich noch 250 Milliarden in der EFSF, die auf 750 Milliarden „gehebelt“ werden sollen. Im März 2012 soll dann entschieden werden, ob der ESM aufgestockt wird.
(Quellen: www.bundestag.de, www.sueddeutsche.de)