Das Menschenrecht auf Inklusive Bildung gut umsetzen!

Zu einem Werkstattgespräch für Praktiker der Inklusiven Bildung hat die SPD-Bundestagsfraktion am vergangenen Dienstag nach Bergkamen eingeladen. Die Einladung habe ich zusammen mit meinem Kollegen Dieter Wiefelspütz ausgesprochen und mehr als 120 Menschen hatten sich zu der Veranstaltung angemeldet. Dabei ging es uns darum, gemeinsam mit Praktikern und Vertretern aller politischen Ebenen Eckpunkte für einen Fahrplan zur Inklusiven Bildung im Kreis Unna zu vereinbaren. In einem Jahr werden wir dann wieder zu einer Veranstaltung einladen und überprüfen, welche Schritte wir konkret in Unna, Düsseldorf und Berlin umsetzen konnten.

Zu Beginn hat die ehemalige Stipendiatin des Parlamentarischen Patenschaftsprogramms des Deutschen Bundestags Lioba Gierke ihre Erfahrungen mit dem Fach Interpersonal Skills in den USA  dargestellt, in dem sie mit einer Schülerin mit Autismus gelernt und gelebt hat. Diese konkrete Erfahrung mit Inklusion würde sie sich auch für ihre eigene Schule wünschen. Nach einem fachlichen Input aus der Sicht der Wissenschaft von Dr. Stefanie Kuhlenkamp von der Fakultät für Rehabilitationswissenschaften an der TU Dortmund sowie der Vorstellung der Planungen der Landesregierung durch den Behindertenbeauftragten der Landesregierung Norbert Killewald haben wir in einer offenen Diskussionsrunde Eckpunkte festgelegt, die im und für den Kreis Unna zu tun sind, um Inklusive Bildung gut umsetzen zu können. Einige der Forderungen haben wir bereits aufgenommen und werden nun beraten, wie wir sie am besten in den politischen Prozess einbringen können, und zwar in den Räten, im Kreistag, im Landtag und im Bundestag!

  1. Es sollte so etwas wie (kommunale) Inklusionspläne geben, in denen verlässliche Rahmenbedingungen für die Bildungseinrichtungen und die Aufgaben der weiteren Akteure beschrieben werden. Sie sollen als Grundlage für die vernetzte Arbeit aller Beteiligten dienen. Damit sollte nicht mehr lange gewartet werden, denn die Inklusive Bildung startet bereits heute in vielen Einrichtungen, in denen sich die Betroffenen nicht selten mit der Situation alleine gelassen fühlen. Dazu gehören auch klare rechtliche Rahmenbedingungen. Vorgeschlagen wurde, so etwas wie ein „Konjunkturpaket für Inklusive Bildung“ zu schnüren, dass sowohl einen der Herausforderung angemessenen Mitteleinsatz beinhaltet wie auch dem Stellenwert dieses Vorhabens politisch untermauert.
  2. Wichtiger Punkt in der Diskussion war auch, die Betroffenen zu Gestaltern des Prozesses zu machen und ihre Erfahrungen und auch Befürchtungen ernst zu nehmen. Dafür sollten einerseits regelmäßige Informationen über den Stand der Inklusiven Bildung im Kreis Unna ausgetauscht und andererseits notwendige Klarstellungen und Änderungen offen und frühzeitig kommuniziert werden. Übrigens sollte auch die Einbeziehung von Menschen mit Behinderung in dieser Debatte selbstverständlich sein.
  3. Für die betroffenen Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer ist neben den entsprechenden Rahmenbedingungen insbesondere in Form kleinerer Klassen sowie angemessener räumlicher (barrierefreier) Voraussetzungen vor allem der Punkt der Qualifizierung wichtig. Neben einer besseren Vorbereitung in Aus- und Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern gehört dazu auch, Menschen, die Inklusive Bildung umsetzen sollen, in ihrer Alltagsarbeit zu ermutigen.
  4. Mit Inklusiver Bildung verbinden sich auch einige Anforderungen, die das Bildungswesen insgesamt und für alle Menschen betreffen. Auch die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung liefert dazu einige Hinweise. In der Diskussion wurde deutlich, dass Inklusion eben nicht ein Nischenthema ist, sondern die Chance für das gesamte Bildungssystem beinhaltet, besser auf Verschiedenheit und Einzigartigkeit von Menschen einzugehen oder um es mit einem schulpolitisch gerne genutzten Allgemeinplatz zu sagen: individuelle Förderung zu schaffen. Ob Inklusion wirklich in einem streng gegliederten Schulsystem geschafft werden kann, wurde von einigen Diskussionsteilnehmern bezweifelt.
  5. Die Anforderungen an die Politik wurden vielfältig gestellt und die Latte liegt sicher hoch. Vor allem aber wird die Politik an zwei Dingen gemessen. Zum einen soll der Weg zur Inklusiven Bildung mit Mut, Verbindlichkeit und Offenheit gegangen werden. Die Politik kann zum anderen einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass es ein gesellschaftliches Klima für Inklusion gibt, das sich nicht nur auf die Bildung bezieht. Für die Gesellschaft soll dann gelten: „Vielfalt zur ‚Normalität‘ machen“, wie es ein Teilnehmer notiert hat.

Die Vertreter der SPD im Kreis Unna in den Kommunen, im Land und im Bund werden nun die Ergebnisse der Veranstaltung sichten, strukturieren und dann allen, die sich an der weiteren Debatte zur Inklusiven Bildung beteiligen wollen, zur Verfügung stellen, um sie weiter zu verfeinern. Unsere Veranstaltung war nur der Anfang und am Ende zählt, was wir konkret umsetzen konnten. Und das kann nur so gut sein, wie die Praktiker der Inklusiven Bildung nicht nur einbezogen werden sondern sich auch selbst(bewusst) in die laufende Debatte einbringen.

Hier ein Videostatement von Oliver Kaczmarek, MdB:

Hier ein Videostatement von Lioba Gierke, ehemalige Stipendiatin des Parlamentarischen Patenschaftsprogramms:

Hier noch die Karten mit Anforderungen an die Politik, die die Teilnehmer zu Beginn der Veranstaltung ausgefüllt haben (für größere Ansicht bitte anklicken):