Steuersenkungen auf Pump – das sogenannte Gesetz zum Abbau der kalten Progression
Die schwarz-gelbe Koalition hat beschlossen, die Einkommensteuer in zwei Schritten senken zu wollen: In dieser Legislaturperiode zum 1. Januar 2013 um 2 Mrd. Euro. Für die Zeit nach den nächsten Bundestagswahlen sollen zum 1. Januar 2014 dann weitere 4 Mrd. Euro folgen. Ziel sei es, die sogenannte „kalte Progression“ abzubauen und die Steuerzahler zu entlasten. Kalte Progression bedeutet: Das Gehalt steigt, und trotzdem bleibt weniger Nettoeinkommen übrig. Grund ist der progressive Steuertarif. Mit jeder Einkommenserhöhung steigt auch die Einkommensteuer – und zwar stärker als das Einkommen selbst.
Am Donnerstag dieser Sitzungswoche wurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung in zweiter und dritter Lesung im Plenum des Deutschen Bundestages beraten und mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP beschlossen. Es ist geplant, dass die Einkommensteuersenkung durch Anhebungen des Grundfreibetrages und Tarifverschiebungen, bei denen die bisherigen Steuersätze erst für ein höheres Einkommen gelten, erfolgen soll. In 2013 soll der Grundfreibetrag um 110 Euro angehoben und eine Tarifverschiebung um 1,4 Prozent vorgenommen werden. In 2014 soll der Grundfreibetrag dann um weitere 240 Euro und der Tarif um 3 Prozent verschoben werden.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat die Steuersenkungen der Bundesregierung aus folgenden Gründen abgelehnt:
Begünstigung von Beziehern höherer Einkommen
Die geplanten Steuersenkungen begünstigen die Bezieher höherer Einkommen. Bei einem Alleinstehenden (Lohnsteuerklasse I) mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 15.000 Euro beträgt die Entlastung nach der zweiten Stufe 2014 im Jahr 101 Euro. Demgegenüber erhält ein Steuerpflichtiger (ebenfalls Lohnsteuerklasse I) mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 56.000 Euro eine mehr als dreimal so hohe Entlastung von 364 Euro jährlich. Die geplanten Steuersenkungen führen bei Geringverdienern nur zu einer verschwindend geringen Entlastung.
Finanzierung auf Pump
Die Steuermindereinnahmen werden die bereits vorgesehene Neuverschuldung weiter erhöhen und widersprechen damit den Bekenntnissen von Schwarz-Gelb zur Haushaltskonsolidierung. Auch die Steuerschätzung rechtfertigt keine Steuersenkungen. Die prognostizierten Steuerzuwächse sind größtenteils auf die bislang gute Konjunktur zurück zu führen. Gemäß den Vorgaben der Schuldenbremse im Grundgesetz müssen sie zur Reduzierung des konjunkturell bedingten Teils des Haushaltsdefizits verwandt werden und eröffnen deshalb keine Spielräume für dauerhafte Steuersenkungen.
Betreuungsgeld
Die Koalition hat beschlossen: Ab dem Jahr 2013 soll ein so genanntes „Betreuungsgeld“ im zweiten Lebensjahr eines Kindes in Höhe von 100 Euro gezahlt werden. Für die nächste Legislaturperiode werden ab 2014 150 Euro im zweiten und dritten Lebensjahr des Kindes versprochen. Die Kosten dafür werden 2 Mrd. Euro für den Bundeshaushalt betragen.
Zum Betreuungsgeld ist seit Jahren alles gesagt: Als Fernhalte-Prämie ist es ein bildungspolitischer Rückschlag, weil es einen Anreiz für Eltern setzt, Kinder von früher Förderung in Kitas abzuhalten. Das Betreuungsgeld ist ein gleichstellungspolitischer Holzweg, weil es gegen eine frühe Rückkehr von Frauen in den Beruf gerichtet ist. Das Betreuungsgeld verschwendet Milliarden von Steuergeldern, die für den vor sich hin dümpelnden Kitaausbau fehlen.
Bevor der Gesetzentwurf der Bundesregierung in Kraft treten kann, muss er noch vom Bundesrat verabschiedet werden. Die SPD-geführten Länder werden das Gesetz dort ablehnen. Sie argumentieren, dass die geplante Steuersenkung die öffentlichen Haushalte im Umfang von sechs Milliarden Euro belaste und dies der unbedingt notwendigen Haushaltskonsolidierung widerspreche.
Ich werde Sie über die Ergebnisse der weiteren Verhandlungen in meinem Infodienst informieren.