Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion – der Fiskalpakt

Beim Gipfel der Europäischen Union (EU) in Brüssel am 30.1. haben 25 EU-Länder zugesagt, sich an dem Pakt für strenge Haushaltsdisziplin zu beteiligen. Nicht dabei sind Großbritannien und Tschechien. Um künftige Krisen zu vermeiden, soll der sogenannte Fiskalpakt die Haushaltsdisziplin und die politische Zusammenarbeit in der Wirtschaftspolitik stärken. Die 17 Euro-Länder und neun weitere EU-Staaten wollen mit dem Fiskalpakt strengere Haushaltsregeln beschließen. Dass nicht alle mitziehen ist ein Schwachpunkt des Fiskalpakts, denn er läuft lediglich parallel zu den EU-Verträgen. Kritiker bemängeln, dass sich Länder im Zweifel darauf berufen könnten, dass das EU-Recht Vorrang hat.

Kernpunkte des Fiskalpakts
Schuldenbremse und Schuldenabbau: Angestrebt werden nahezu ausgeglichene Haushalte. Das jährliche Staatsdefizit eines Landes darf 0,5 Prozent der Wirtschaftskraft nicht übersteigen. Das ist weniger streng als die Schuldenbremse für den Bund, die in Normalzeiten ab 2016 bei 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen darf. Kontrovers bleibt, dass Deutschland eigentlich auf einer Verankerung der Schuldenbremse in den jeweiligen Verfassungen gepocht hatte. Dies ist aber besonders für Länder mit angelsächsichem Rechtssystem schwierig. Also steht im jetzigen Vertrag nur noch, dass die Schuldenbremse eingeführt werden soll, nicht aber, dass sie in der Verfassung verankert werden muss.

Defizitverfahren: Wird die Obergrenze bei der Neuverschuldung verletzt, soll automatisch ein Kontrollverfahren ausgelöst werden. Ein Staat kann nicht mehr einfach das Ziel verletzen, ohne dass jemand protestiert. Nur eine qualifizierte Mehrheit – das sind etwa 60/70 Prozent der Unterzeichner des Fiskalpakts – kann verhindern, dass ein Defizitverfahren eingeleitet wird.

Sanktionen: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) soll überprüfen, ob die Staaten die Schuldenbremse und die Defizitregeln umsetzen. Nach dem jüngsten Vertragsentwurf kann das Gericht ansonsten Geldstrafen verhängen.

Inkrafttreten: Der Pakt soll spätestens Anfang 2013 in Kraft treten, sofern bis dahin zwölf Euro-Länder den Text ratifiziert haben. Innerhalb einer Frist von maximal fünf Jahren soll der Pakt in den EU-Vertrag integriert werden.

Verknüpfung mit dem Europäischen Rettungsschirm: Wie von Deutschland gefordert, soll der Fiskalpakt mit dem im Juli startenden dauerhaften Europäischen Rettungsschirm ESM (Europäischer Stabilitäts-Mechanismus) verknüpft werden. ESM-Hilfen sollen also nur die Euro-Länder erhalten, die auch den neuen Fiskalpakt unterzeichnet haben.

Beratung im Deutschen Bundestag: Um den Vertrag in Deutschland zu ratifizieren, bedarf es einer Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag. Die notwendige Mehrheit wird also nur zustande kommen, wenn große Teile der Opposition für eine Unterstützung gewonnen werden.

Niemand kann davon ausgehen, dass diese Zustimmung eine Selbstverständlichkeit ist. Im Gegenteil, die Hürde ist hoch. Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier, hat deshalb in einen gemeinsamen Brief mit den Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, Jürgen Trittin und Renate Künast, die Bundeskanzlerin aufgefordert, das Gespräch mit der Opposition zu suchen. Der Fiskalpakt ist umstritten und bleibt in seiner einseitigen Ausrichtung fragwürdig. Wir brauchen eine nachhaltige Konsolidierung der Staatshaushalte in der Eurozone. Diese kann aber nur tragfähig sein, wenn neben den Einsparungen eine Wachstums- und Investitionsstrategie zur Erneuerung der europäischen Realwirtschaft geschaffen wird. Ebenso müssen die Kosten der Finanzmarktkrise gerecht verteilt werden und die Staatendurch sichere Einnahmen handlungsfähig bleiben. In den anstehenden Verhandlungen über die Zustimmung zum Fiskalpakt im Deutschen Bundestag wird deshalb zu reden sein über eine europäische Wachstums- und Investitionsinitiative, ein Programm zur Bekämpfung der hohen Jugendarbeitslosigkeit und einen klaren und verbindlichen Beschluss zur Besteuerung der Finanzmärkte.

Der Fiskalpakt wird voraussichtlich im Mai im Bundestag zur Abstimmung stehen.