Entwurf für einen Armuts- und Reichtumsbericht
Der vierte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung belegt: In Deutschland wächst die Ungleichheit. Der Abstand zwischen dem Besitz der Reichsten und der Ärmsten wird größer. Auch bei den Arbeitseinkommen geht die Lücke auseinander: Hohe Einkommen steigen, bei der Entwicklung der geringeren Einkommen hingegen gibt es nach Abzug der Inflation Reallohnverluste.
Die Fakten:
• Das Vermögen ist immer ungleicher verteilt. Vor allem die obersten zehn Prozent der Haushalte haben von den Zuwächsen profitiert. Sie verfügen heute über mehr als die Hälfte des Privatvermögens (53 Prozent). Für die untere Hälfte der Haushalte bleibt nicht viel übrig: Sie besitzen insgesamt nicht mehr als ein Prozent.
• Auch die Lohnentwicklung hat die Lücke zwischen Arm und Reich vergrößert. Die Löhne im oberen Bereich sind in den letzten zehn Jahren gestiegen. Die unteren 40 Prozent der Vollzeitbeschäftigten haben nach Abzug der Inflation Lohnverluste erlitten. Diese zunehmende Lohnspreizung hat viele Facetten. Die Zahl der abhängig Beschäftigten mit Niedriglohn ist konstant gestiegen: Jeder Vierte ist heute davon betroffen. Im Jahr 2010 erhielten knapp über vier Millionen Menschen einen Bruttostundenlohn von weniger als sieben Euro.
• Viele Menschen leben in Haushalten mit einem Einkommen weit unter dem Durchschnitt. Besonders davon betroffen sind Kinder. 50 Prozent der Kinder aus Alleinerziehenden-Haushalten leben unterhalb der sogenannten Armutsrisiko-Schwelle, d.h. in einem Haushalt mit extrem unter-durchschnittlichen Einkommen. Dasselbe trifft auch auf 28 Prozent der Kinder mit Migrationshintergrund zu. Weiterhin leben 1,7 Millionen Kinder unter 15 Jahren in Haushalten von Empfängern der Grundsicherung.
• Die Bedürftigkeit im Alter wird in Zukunft zunehmen. Die Entwicklung von Beschäftigung und Einkommen ist dabei maßgeblich. Vor allem Niedrigverdiener, Selbstständige ohne Altersvorsorge und Menschen mit kurzen Erwerbsphasen aufgrund von Kindererziehung oder der Pflege von Angehörigen erwerben oft nur geringe Rentenansprüche.
Schwarz-gelbe Klientelpolitik:
Die Bundesregierung hat bei der Bekämpfung der Ungleichheit versagt. Sie will die negativen Entwicklungen nicht aufhalten.
• Die Bundesregierung schaut weg, wenn es um Ungerechtigkeit geht. Der untere Rand der Einkommen erodiert. Dadurch wird die Einkommensungerechtigkeit heute größer. Und morgen steigt die Zahl der Menschen, die im Alter arm sind.
• Die Bundesregierung verschont die Verursacher der Finanzkrise. Nicht die Finanzmarktakteure mussten den Schaden beseitigen, den sie mit der Finanzkrise verursacht haben. Stattdessen wurden neue Schulden gemacht und die künftigen Steuerzahler werden für die Bankenrettung heran gezogen.
• Die Bundesregierung belastet die falschen Schultern. Trotz zunehmender Ungleichheit verteilt Schwarz-Gelb steuerpolitische Klientelgeschenke und macht unseriöse Steuersenkungsversprechen. Noch im Krisenjahr 2009 beschlossen CDU/CSU und FDP Steuersenkungen für Hoteliers und reiche Erben. Höhere Steuern für Spitzenverdiener und große Vermögen lehnt Bundeskanzlerin Merkel weiterhin kategorisch ab. Steuerhinterziehern wird in dem geplanten Steuerabkommen mit der Schweiz eine besonders schonende Behandlung gewährt.
Die Forderungen der SPD-Bundestagsfraktion:
• Wir wollen den Spitzensteuersatz erhöhen. Bürgerinnen und Bürger mit einem Einkommen ab 64.000 Euro bei Alleinverdienern und 128.000 Euro bei Ehepaaren sollen mehr beitragen als bisher. Für Einkommen ab 100.000 Euro soll ein Spitzensteuersatz von 49 Prozent eingeführt werden. Dadurch mobilisieren wir sechs Milliarden Euro an Mehreinnahmen.
• Wir wollen die Abgeltungssteuer anheben. Durch die Erhöhung der Steuer auf 32 Prozent bei gleichzeitigem Erhalt des Optionswahlrechts kann etwa eine Milliarde Euro generiert werden. So stünden zusätzliche Mittel zur Verfügung, die verhindern dass sich soziale Ungerechtigkeit immer weiter reproduziert.
• Wir wollen die Finanztransaktionssteuer einführen. Um die Verursacher der europäischen Finanz- und Schuldenkrise zu retten, wurden die Verluste auf den Steuerzahler abgewälzt. Die Akteure auf den internationalen Finanzmärkten müssen endlich an den Kosten der Krise beteiligt werden.
• Wir wollen die Vermögenssteuer für höchste Vermögen wieder erheben. Den finanziellen Spielraum von etwa zehn Milliarden Euro im Jahr, den wir dadurch gewinnen, können die Länder für Bildungsinvestitionen nutzen. So wird nicht kurzfristig Geld umverteilt, sondern langfristig die Chance auf sozialen Aufstieg und Zugang zu Vermögen erhöht. Jedoch soll die private Vermögenssteuer an Freibeträge gekoppelt sein. Und die betriebliche Vermögenssteuer darf wirtschaftliche Aktivität nicht verhindern.
• Wir wollen einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn einführen. Guter Lohn für gute Arbeit – nur wenn das gilt, verkleinert sich auch die Einkommensschere. Zudem wollen wir die Tarifbindung stärken. Das Prinzip „Ein Betrieb, ein Tarifvertrag“ muss wieder gelten. Gemeinsam mit den Sozialpartnern werden wir eine verfassungs- und zeitgemäße gesetzliche Garantie der Tarifeinheit entwickeln.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat im Rahmen des „Projekts Zukunft – Deutschland 2020“ Vorschläge entwickelt, um die Spaltung der Gesellschaft zu überwinden. Die Vorschläge finden Sie unter: http://www.spdfraktion.de/sites/default/files/spd_d20_web.pdf