Die unwürdige Griechenland-Heuchelei
Am Mittwoch haben alle Bundestagsfraktionen Sondersitzungen abgehalten. Anlass war der nun immer wahrscheinlicher werdende Schuldenschnitt für Griechenland. Leider wurde nichts Konkretes beschlossen. Die Entscheidung wurde weiter vertagt.
Die Tage vor dem Finanzministertreffen der Eurogruppe waren an Heuchelei über die Lage Griechenlands kaum zu überbieten. Merkel schweigt, Schäuble windet sich. Da ist bekannt, dass die deutsche Regierung Griechenland „mehr Zeit“ geben will, um die Schuldentragfähigkeit wieder zu gewinnen. Bekannt ist auch, was das kostet: 32,6 Milliarden Euro. Woher aber soll dieses Geld kommen? IWF-Chefin Christine Lagarde fordert einen Schuldenerlass zu Lasten der öffentlichen Gläubiger. Auch aus der EU-Kommission ist zu hören, man werde am Ende nicht um einen Schuldenschnitt herumkommen. Aus der EZB wiederum heißt es, man brauche ein drittes Hilfsprogramm mit neuen Krediten. Nur die Regierung Merkel glaubt den Leuten weis machen zu können, es gehe ohne neues Geld. Christine Lagarde hat die Mahnung klar formuliert: Es brauche ein Programm, „das heute überzeugt, das morgen tragbar sein wird, das in der Realität und nicht im Wunschdenken angesiedelt ist“.
Die Wahrheit ist: Weil Griechenland durch die ungebremste Rezession noch tiefer in die Schuldenspirale geraten ist, braucht es mehr Zeit, um die Schuldentragfähigkeit wieder zu gewinnen. Tatsache ist: Mehr Zeit kostet mehr Geld. Schäuble und Merkel verschweigen den Deutschen, woher es kommen soll. Sie lehnen den Schuldenschnitt ab, sie schließen neue Kredite aus – aber vom Himmel werden die 33 Milliarden nicht fallen.
Dies ist ein gefährliches Vabanque-Spiel, denn es ist bislang immer die Europäische Zentralbank gewesen, die Kredite bereitgestellt hat. Die Regierung Merkel spekuliert auf gute Noten in den Meinungsumfragen, bringt Europa gegen sich auf, führt die deutschen Steuerzahler an der Nase herum und verschweigt die immer höher sich türmenden finanziellen und europapolitischen Kosten ihres Handelns. Im vorgelegten Haushaltsentwurf ist für die großen Risiken der Eurokrise keine Vorsorge getroffen. Doch diese Verschleierung wird keine zehn Monate mehr durchzuhalten sein.
Einen Überblick über die Aussagen von Merkel und Schäuble zur Eurokrise finden Sie auf meiner Homepage unter: https://www.oliver-kaczmarek.de/2012/11/die-aussagen-von-merkel-und-schauble-zur-eurokrise-im-uberblick/