Völkerstrafrecht fortentwickeln
Mit der Schaffung des Völkerstrafgesetzbuchs vor über 20 Jahren wurde sichergestellt, dass die deutsche Justiz nach dem Weltrechtsprinzip im Krieg verübte Gräueltaten verfolgen kann – und zwar unabhängig vom Tatort und von der Staatsangehörigkeit der Täter:innen. Krieg findet nicht im rechtsfreien Raum statt. Es ist Aufgabe der internationalen Gemeinschaft, die Täter:innen von Völkerrechtsverbrechen strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die Aktualität des Völkerstrafrechts dramatisch deutlich gemacht.
Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung, den wir in dieser Woche in 1. Lesung beraten haben, entwickelt das Völkerstrafrecht nun weiter. Die Rechte der Opfer sollen gestärkt werden. Völkerverbrechen, also Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen gegen Personen, sollen in den Katalog der Straftaten aufgenommen werden, die zur Nebenklage berechtigen. Damit können sich die Opfer dieser Delikte als Nebenkläger:innen anschließen. Sie sollen dann auch berechtigt sein, auf Antrag eine:n Opferanwalt:in beigeordnet zu bekommen – und zwar unabhängig von den Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe – und eine:n psychosoziale:n Prozessbegleiter:in an die Seite gestellt zu bekommen.
Das deutsche Völkerstrafgesetzbuch ist bislang insbesondere bei sexualisierter Gewalt lückenhaft. Diese Lücken sollen nun im Hinblick auf sexuelle Übergriffe, sexuelle Sklaverei und erzwungenen Schwangerschaftsabbruch geschlossen werden. Auch die Verfolgung des zwangsweisen Verschwindenlassens von Personen wird entsprechend der völkerrechtlichen Vorgaben erleichtert, etwa durch Streichung des bisher vorgeschriebenen Nachfrageerfordernisses.
Das Völkerstrafgesetzbuch wird ebenfalls angepasst an das Verbot der Verwendung von Waffen, deren Splitter mit Röntgenstrahlen nicht erkennbar sind, sowie von dauerhaft blindmachenden Laserwaffen. Damit Völkerstrafverfahren auch für die internationale Gemeinschaft besser zugänglich werden, soll künftig die Ton- und Bild-Aufnahme von Prozessen erleichtert werden. Bei Verfahren von herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung, insbesondere völkerstrafrechtliche Verfahren, können zukünftig Ton- und Filmaufnahmen zu wissenschaftlichen und historischen Zwecken gefertigt werden. Außerdem sollen Medienvertreter:innen Zugang zu bestehenden Verdolmetschungen bekommen und wegweisende Urteile sollen ins Englische übersetzt werden.
Den Gesetzentwurf der Bundesregierung finden Sie hier