Bundesregierung zementiert mit Software-Umstellung im Auswärtigen Amt Monopolstellung eines Anbieters
Mit Bezug zur Antwort auf die Kleine Anfrage der SPD-Bundestagsfraktion zur Nutzung von freier Software im Auswärtigen Amt erklärt der Bundestagsabgeordnete Oliver Kaczmarek:
Eine Rolle Rückwärts vollzieht das Auswärtige Amt derzeit beim Einsatz von freier Software auf Arbeitsplatz-Rechnern. Konnten mit der 2001 begonnenen Umstellung noch die Kosten für die IT im Auswärtigen Amt deutlich reduziert werden, hat der Regierungswechsel 2009 zu einer vollkommenen Umkehrung geführt. An den Arbeitsplatzrechnern soll wieder vollständig auf proprietäre Software umgestellt werden. Freie Software unterscheidet sich von proprietärer Software vor allem dadurch, dass der Quellcode für jede Anpassung offen verfügbar ist.
In der Antwort auf die Kleine Anfrage der SPD-Bundestagsfraktion (BT-Drs. 17/4746) hatte die Bundesregierung noch vermieden, klar Stellung zu beziehen. Statt dessen wurde auf eine „Fortentwicklung der ursprünglich ausschließlich auf quelloffene Software ausgerichteten IT-Strategie des Auswärtigen Amtes hin zu einer kooperativ ausgerichteten IT-Strategie im Rahmen einer gemeinsamen IT-Strategie des Bundes“ verwiesen. Dazu sollen „standardisierte proprietäre Client-Lösungen“ genutzt werden. Was das konkret heißt, wird in einer Hausmitteilung des Auswärtigen Amtes deutlich, die mittlerweile in verschiedenen Online-Diskussionsforen veröffentlicht wurde: das Auswärtige Amt schwenkt vollständig um auf die Nutzung von Microsoft-Produkten an allen Arbeitsplätzen! Das betrifft sowohl das Betriebssystem, die Office-Anwendungen als auch das E-Mailsystem.
Die Konsequenzen sind weitreichend:
- Mit der Definition von Microsoft-Produkten zu Standard-Lösungen zementiert die Bundesregierung die Monopol-Stellung eines einzelnen Software-Konzerns innerhalb der Bundesverwaltung. Schlimmer noch: der Versuch, im Auswärtigen Amt eine Produkt- und damit auch Anbietervielfalt zu etablieren, wird zu Gunsten eines einzelnen Anbieters zurückgedreht. Wettbewerb um die beste Software gibt es damit in der Bundesregierung nicht mehr!
- Die Bundesregierung geht mit Sicherheitsrisiken, die sich aus der Nutzung proprietärer Software ergeben, allzu sorglos um. Sicherheitsrisiken aus sog. Zero-Day-Exploits, wie sie der Computer-Virus Stuxnet mit großen Gefahren für die Steuerung beispielsweise von Uran-Anreicherungsanlagen genutzt hat, werden ignoriert.
- Mit der Umstellung auf proprietäre Software, deren Quellcode nicht frei verfügbar ist, macht sich das Auswärtige Amt von den Update-Zyklen des Herstellers abhängig. Geplant ist nach der o.g. Hausmitteilung u.a. die Umstellung der bislang mit freier Software betriebenen Arbeitsplätze auf Windows XP und anschließend aller Arbeitsplatzrechner auf Windows 7. Individuelle Anpassungen, wie sie bei frei zugänglichem Quellcode problemlos möglich wären, werden so unmöglich.
- Hinsichtlich der anfallenden Kosten für die Umstellung spielt die Bundesregierung mit verdeckten Karten. Sie erwartet Effizienzgewinne und verschweigt die dem gegenüber stehenden Zusatzkosten für den Erwerb von Lizenzen und zusätzliche Qualifizierungsmaßnahmen für die Mitarbeiter. Hier erwartet die SPD-Fraktion schon bald klare Aussagen und wird das Thema weiterhin im Parlament bearbeiten und verfolgen.
Wenn die Open Source Software doch so toll funktioniert und zudem nichts kostet, warum benutzt nicht jeder PC-Besitzer diese???
Was da oben steht kann also nicht stimmen!
Auch die angeblichen Einsparungen durch freie Software in einer so großen Behörde, es werden immer wieder 100 Mio. Euro genannt; mal ehrlich, der ganze IT-Haushalt des Auswärtigen Amt beträgt gerade mal ca. 12 Mio. (kann man bein BMF nachlesen), wie will man da so viel sparen ???
Etwas mehr Recherche und Seriosität würde der SPD gut tun…
Liebe Sybille,
zu „Warum nutzt nicht jeder PC-Besitzer freie Software?“:
Microsoft hat einen großen Anteil daran, dass PCs starke Verbreitung gefunden haben. Besonders Windows 95 (und vielleicht auch 3.1 sowie XP) waren sehr populär. Durch eine aggressive Marketing-Strategie und zugegebenermaßen einfache Bedienung wurde die Verbreitung verstärkt.
Freie Software, also in Bezug auf die Betriebssysteme GNU/Linux, hat keine große Lobby, kein wirkliches Marketing und somit keine Werbung. Viele „08/15“ User wissen nicht einmal, dass es das gibt oder sie denken, dass es nur für absolute Experten gedacht ist. Dem ist nicht so. Linux-Distributionen wie z.B. Ubuntu lassen sich sogar ohne Installation starten. Ebenso ist es natürlich so, dass die Nutzerinnen und Nutzer, die an ein System gewohnt sind, nur sehr träge reagieren und erst einmal keinen Grund sehen, zu wechseln.
Zu den Zahlen:
Die Zahlen kommen nicht von der SPD, sondern vom ehemaligen IT-Leiter selbst. Siehe: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Auswaertiges-Amt-spart-im-IT-Bereich-kraeftig-dank-Open-Source-151012.html