Infodienst – Seite 135 von 146 – Oliver Kaczmarek, Md

Debatte um das Kooperationsverbot – Regierung will nur Eliteunis und keine Schulen fördern

Die schwarz-gelbe Koalition hat sich geeinigt, einen Vorschlag für die Veränderung des Kooperationsverbots in der Bildungszusammenarbeit vorzulegen. Anders als der Vorschlag der SPD für einen neuen Artikel 104c im Grundgesetz will die Koalition nur für die Hochschulen eine Möglichkeit der Bundesförderung schaffen. Und auch das nicht für alle Hochschulen, sondern nur für solche mit „überregionaler Bedeutung“. Am Ende bedeutet das, dass der Bund sich nicht an der Finanzierung gemeinsamer Bildungsaufgaben in den Schulen beteiligen darf. Angesichts der steigenden Anforderungen an eine wirksame individuelle Förderung, dem weiteren Ganztagsschulausbau oder auch der inklusiven Bildung ist dies politisch höchst fahrlässig. Nach dem Willen der Koalition sollen dem Bund hier weiterhin die Hände gebunden bleiben. Der Vorschlag der SPD für einen neuen Artikel 104c wird den Anforderungen gerecht, indem er grundsätzlich die Möglichkeit der Zusammenarbeit von Bund und Ländern eröffnet.

Zur Information:
Das sogenannte Kooperationsverbot ist im Grundgesetz festgeschrieben. Es untersagt dem Bund sich finanziell in Bereichen zu engagieren, in denen die Länder allein zuständig sind. Damit ist es dem Bund faktisch untersagt, sich an Bildungsprojekten der Länder zu beteiligen. Um dies zu ändern muss das Grundgesetz geändert werden. Hierfür bedarf es einer Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag und im Bundesrat. Auf Druck der SPD, die die Länder und Kommunen unterstützen möchte, findet nun eine Debatte darüber statt, wie das Kooperationsverbot am besten reformiert werden kann.

Den Antrag der SPD-Bundestagsfraktion zur Reform des Kooperationsverbotes finden Sie unter: http://dip.bundestag.de/btd/17/084/1708455.pdf

Fraktionsübergreifende Einigung für neue Regeln zur Organspende

Die Organspendebereitschaft muss erhöht werden. Nach einem Jahr der Gespräche und Verhandlungen haben sich alle Fraktionen des Bundestagesdarauf geeinigt, dass eine neue gesetzliche Regelung notwendig ist. Künftig sollen alle Erwachsenen regelmäßig durch die Krankenkassen nach ihrer Haltung zur Organspende befragt werden, erstmalig in diesem Jahr.

In einer zweiten Stufe wird die Möglichkeit geschaffen, die Entscheidung auf der neuen elektronischen Gesundheitskarte zu speichern. Die für die Entwicklung der elektronischen Gesundheitskarte zuständige Firma Gematik wird vom Gesetzgeber beauftragt, bis Mitte nächsten Jahres Lösungen zu entwickeln, wie die Haltung zur Organspende sicher auf der Karte gespeichert werden kann.

Der Gruppenantrag, der von den Fraktionsvorsitzenden aller Bundestagsfraktionen unterzeichnet wird, soll in Kürze in den Bundestag eingebracht werden. Ich halte Sie darüber im Infodienst auf dem Laufenden.

Verabschiedung des zweiten Griechenlandpaketes – Zur Sitzungswoche vom 27. Februar bis 02. März 2012

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Dass innerhalb von zwei Jahren zwei Bundespräsidenten vorzeitig zurücktreten, hat es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben. Insbesondere die Wahl von Christian Wulff war von parteitaktischen Überlegungen seitens der CDU/CSU und FDP geprägt und hat letztendlich zu einer Beschädigung des höchsten Amtes in unserem Land geführt.

Deshalb bin ich froh darüber, dass Joachim Gauck nun der gemeinsame Kandidat von SPD und Grünen ebenso wie von Union und FDP ist. Dies ist ein wichtiges Signal. Viele Menschen haben das Vertrauen in die politischen Akteure verloren und sind überzeugt, dass Inhalte und Kompetenzen keine Rolle spielen, sondern es nur um Parteitaktik geht. Mit der parteiübergreifenden Nominierung von Joachim Gauck für das Amt des Bundespräsidenten zeigen wir, dass es in Grundfragen von Demokratie und Freiheit einen parteiübergreifenden Konsens geben kann. Joachim Gauck war schon 2010 der gemeinsame Kandidat von SPD und Grüne. Und es ist gut, dass er jetzt die Chance auf eine breite parteiübergreifende Mehrheit in der Bundesversammlung hat. Wir haben ihn aufgrund seiner Unabhängigkeit vorgeschlagen, wohl wissend, dass er kein Sozialdemokrat ist. Und wohl wissend, dass seine Unabhängigkeit mal für die eine und mal für die andere politische Partei auch Widerspruch mit sich bringen kann. Gerade weil er eine ihn prägende Biografie hat, die Respekt in breiten Teilen der Bevölkerung findet, und gerade weil er freiheraus spricht wo es notwendig ist, auch der Kontroverse nicht aus dem Weg geht, kann er für Deutschland in kritischer Zeit ein guter und geachteter Präsident sein. Ich freue mich auf die Bundesversammlung am 18. März, an der aus dem Kreis Unna auch mein Kollege Dr. Dieter Wiefelspütz sowie die Landtagsabgeordneten Rüdiger Weiss, Rainer Schmeltzer und Wolfram Kuschke teilnehmen werden. Fünf Stimmen der SPD im Kreis Unna auf der Bundesversammlung zeigen, dass wir in der SPD ein gewichtiges Wort für unsere Region mitreden.

Die weiteren Themen dieser Sitzung habe ich in diesem Infodienst zusammen gefasst.

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Kaczmarek

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1. Europa braucht Stabilität, Griechenland braucht unsere Hilfe
2. Das Zweite Griechenlandpaket im Einzelnen
3. Verbesserung der Bekämpfung des Rechtsextremismus
4. Koalition beschließt Kürzung der Solarförderung – Aktuelle Stunde im Bundestag
5. Rentenversicherung an den demografischen Wandel anpassen

Europa braucht Stabilität, Griechenland braucht unsere Hilfe

Am Montag dieser Sitzungswoche hat der Deutsche Bundestag das zweite Hilfspaket für Griechenland beschlossen. Angela Merkel verfehlte jedoch die sogenannte Kanzlermehrheit. Bei den vorherigen europapolitischen Abstimmungen konnte sie diese noch immer mobilisieren. Dies ist ein Zeichen dafür, dass die Unterstützung für ihren Kurs in den eigenen Reihen schrumpft. Ein Beispiel sind die Äußerungen von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), der am Wochenende einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone ins Spiel gebracht hatte. Die symbolisch wichtige Kanzlermehrheit von Union und FDP beträgt 311 Stimmen, also die Mehrheit aller 620 Bundestagsabgeordneten. Bei Abstimmungen ist sie ein Hinweis auf die Unterstützung der Koalition für die Bundeskanzlerin. Union und FDP haben gemeinsam 330 Sitze im Bundestag. Bei der namentlichen Abstimmung kamen CDU, CSU und FDP gemeinsam jedoch nur auf auf 304 Ja-Stimmen.

Wir müssen Stabilität in Europa zurückgewinnen. Das ist mit dem Griechenlandpaket bei Weitem noch nicht geschafft. Aber wenn wir das Risiko einer Ausweitung der Krise jetzt eindämmen und die Chance wahren wollen, den Euro zu erhalten, ist das Paket nötig.

Dem Hilfspaket für Griechenland die Zustimmung zu geben, ist insbesondere aus drei Gründen plausibel:

• Erstens kann niemand, der mit Verantwortung Politik macht, den Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung in der Hellenischen Republik in Kauf nehmen. Denn das wäre die wahrscheinliche Folge eines vollständigen Bankrotts des Landes Mitte März.

• Zweitens ist es im europäischen Interesse, die drohende Ansteckung von Portugal, Spanien und Italien zu verhindern. Ob Finanz- oder Realwirtschaft, eine Botschaft hören wir immer wieder: Wird Italien als drittgrößte europäische Volkswirtschaft in den Strudel gezogen, ist der Euro am Ende.

• Drittens handeln wir im deutschen Interesse. Denn wenn die Krise sich ausbreitet, wären die Abschreibungen deutscher Institute, die Verluste deutscher Unternehmen, der Einbruch an Wachstum für Deutschland verheerend. Es kann unserem Land, das 60 % seiner Wirtschaftsleistung im Außenhandel mit der EU erzielt (2010 verkauften deutsche Unternehmen noch Waren im Wert von 6 Mrd. € nach Griechenland), auf Dauer nicht gut gehen, wenn es Europa schlecht geht. Aus diesen drei Gründen trägt die SPD die Kredithilfen – und das sind akute Nothilfen – für Griechenland mit.

Allerdings sagt die SPD-Bundestagsfraktion weiterhin sehr klar, dass ihre schon am ersten Griechenlandpaket geübte Kritik nur allzu berechtigt war. Ein Reformprozess kann nicht nur auf Haushaltskürzungen beruhen. Die Wirtschaft in Griechenland ist zusammengebrochen So etwas schürt Unmut und kann zu politischer Instabilität führen. Zudem brechen die Steuereinnahmen weg, was die Haushaltslage in den Ländern weiter verschärft. Der von der Bundesregierung verfolgte Ansatz, mit immer neuen Sparbemühungen aus der Krise zu kommen, kann nicht funktionieren, weil Griechenland so nicht in die Lage kommt, aus eigener Kraft für Wachstum zu sorgen und die Kredite an die Staatengemeinschaft zurückzahlen zu können.

Neben den klar notwendigen Anpassungsmaßnahmen und Reformen in den Krisenländern Europas muss diesen Staaten und den Menschen dort eine Wachstumsperspektive eröffnet werden. Die SPD-Fraktion hat schon früh einen Strategiewechsel eingefordert. Unsere Forderung nach einem Programm für den industriellen Wiederaufbau in Europa, auch in Griechenland und anderen südeuropäischen Staaten, ist kein Ersatz für eine Spar- und Reformpolitik. Ein solcher Aufbauplan ist eine zwingend notwendige Ergänzung und Voraussetzung, um den Erfolg von Spar- und Reformbemühungen überhaupt erst möglich zu machen. Und er ist der politische Rettungsanker, der den Menschen in Griechenland die Kraft gibt, radikalen Nationalisten und Aufpeitschern zu widerstehen. Die Bundesregierung muss aus eigenem Interesse, gemeinsam mit den europäischen Regierungen die strukturellen und finanziellen Voraussetzungen für solch ein ergänzendes umfassendes Wachstumsprogramm schaffen. Hier muss der kommende Gipfel im März viel mehr liefern. Insbesondere brauchen wir endlich einen konkreten Zeitplan für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer zumindest in der Eurozone, damit das Wachstumsprogramm ohne neue Schulden nachhaltig finanziert werden kann.

Das Zweite Griechenlandpaket im Einzelnen

130 Milliarden-Euro-Paket
Die Euro-Staaten erklären sich bereit, Griechenland im Rahmen eines neuen Hilfsprogramms bis zum Jahr 2014 mit bis zu 130 Milliarden Euro zu unterstützen. 100 Milliarden Euro werden demnach in Form von Krediten fließen.
Die Finanzhilfen stammen aus dem derzeitigen Euro-Rettungsfonds EFSF (Europäische Finanz-Stabilisierungs-Fazilität). Das ist ein gravierender Unterschied zum ersten Rettungspaket aus dem Jahr 2010. Damals gewährten einzelne Euro-Staaten Griechenland direkte bilaterale Kredithilfen, sie stellten der Regierung in Athen also das Geld selbst zur Verfügung. Neben den Krediten in Höhe von 100 Milliarden Euro sind weitere 30 Milliarden Euro als Absicherung von griechischen Staatsanleihen vorgesehen. Diese Zusage soll den Anreiz für die privaten Gläubiger erhöhen, ihre bisherigen griechischen Anleihen gegen neue Papiere mit längerer Laufzeit und niedriger Verzinsung umzutauschen. Staatsanleihen sind kurz-, mittel- oder langfristige Schuldverschreibungen, die von der öffentlichen Hand ausgegeben werden. Die Käufer dieser Papiere, die dem Staat damit Geld verleihen, profitieren wiederum von den entstehenden Zinsen.
Noch ist unklar, ob sich neben den Euro-Staaten auch der Internationale Währungsfonds (IWF) am zweiten Rettungspaket für Griechenland beteiligt, was die Anteil der beteiligten Länder verringern würde.

Private Gläubiger verzichten auf mehr als die Hälfte ihrer Forderungen
Die privaten Gläubiger, zum Beispiel Banken, sollen auf 53,5 Prozent ihrer Forderungen an Griechenland verzichten. Dies entlastet den hoch verschuldeten Staat um 107 Milliarden Euro. Allerdings ist die Beteiligung an diesem Schuldenschnitt freiwillig. Eine ausreichende Beteiligung ist Voraussetzung dafür, dass die Euro-Staaten die staatlichen Hilfen endgültig freigeben. Falls nicht genügend private Gläubiger mitmachen, will Griechenland den Schuldenschnitt notfalls per Gesetz erzwingen.

Reduzierung des Schuldenstand auf 120,5 Prozent

Mit dem zweiten Rettungspaket ist das Ziel verbunden, die Gesamtverschuldung Griechenlands bis zum Jahr 2020 auf 120,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu drücken. Derzeit sind es etwa 170 Prozent.

Einrichtung eines Sperrkontos
Ein Teil der neuen Kredite fließt auf dieses Sperrkonto, das den Zinszahlungen und der Zurückzahlung von Krediten vorbehalten ist. Es muss dort jeweils genug Geld liegen, um die Schuldentilgung der kommenden drei Monate abzudecken. Die Rückzahlung der Schulden hat Vorrang vor anderen Ausgaben des griechischen Staates.

Auflagen für Griechenland
Das von der Staatspleite bedrohte Griechenland muss sich im Gegenzug für die Milliardenhilfen des zweiten Hilfspakets zu erheblichen Einschnitten und Reformen verpflichten. Diese haben insbesondere für die SPD die Zustimmung erheblich schwerer gemacht. Natürlich müssen in Griechenland Einschnitte erfolgen, aber die vorgesehenen Schnitte sind mit großen Härten verbunden und eröffnen keinen Weg für die wirtschaftliche Erholung Griechenlands. Es ist zudem völlig unverständlich, dass die völlig überzogene Rüstungspolitik in Griechenland, von der auch deutsche Unternehmen profitieren, nicht weiter angetastet werden soll. Die festgeschriebenen Schritte im Einzelnen:

Sofortige Kürzungen: Noch vor der ersten Auszahlung aus dem neuen Hilfspaket muss die griechische Regierung per Nachtragsetat und mit anderen Beschlüssen kurzfristig 3,3 Milliarden einsparen. Unter anderem sollen die Ausgaben für Medikamente um gut eine Milliarde Euro sinken. Militärausgaben sollen um 300 Millionen Euro gekürzt werden.

Renten: Das Rentensystem wird radikal reformiert. Rentenkassen werden zwangsvereinigt, Kostenobergrenzen eingeführt.

Öffentlicher Sektor: Die Beschäftigung im öffentlichen Sektor soll bis Ende 2015 um 150.000 Stellen reduziert werden.

Privatisierungen: Bis Ende 2015 soll Griechenland 15 Milliarden Euro durch Privatisierungen einnehmen. Mittelfristig sollen mit dem Verkauf von Staatsvermögen 50 Milliarden Euro erlöst werden.
Preiserhöhung: Die Preise im Personennahverkehr, bei der griechischen Eisenbahn sollen um mindestens 25 Prozent erhöht werden.

Steuern: Bereits bis Juni 2012 soll das Steuersystem vereinfacht werden. Steuerbefreiungen sollen dann aufgehoben und die Bemessungsgrundlagen verbreitert werden. Außerdem sollen vermehrt große Steuerzahler, Vermögende und Selbstständige geprüft werden. Steuerrückstände sollen schneller behoben und Instrumente der Geldwäschebekämpfung besser einbezogen werden. Das Personal in der Verwaltung soll aufgestockt, Steuerbehörden fusioniert und 200 lokale, ineffiziente Finanzämter bis Ende 2012 geschlossen werden.
Gesundheit: Öffentliche Gesundheitsausgaben sollen bei maximal sechs Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) liegen.

Arbeitsmarkt: Vor Auszahlung der Hilfen werden die Mindestlöhne um 22 Prozent gegenüber dem am 1. Januar 2012 geltenden Niveau von 750 Euro gesenkt. Für junge Menschen unter 25 Jahren werden sie ohne Ausnahmen um 32 Prozent reduziert.

Banken: Banken müssen sich einem Stresstest unterziehen und bis zum dritten Quartal 2012 eine „harte Kernkapitalquote“ von neun Prozent erfüllen. Ab dem zweiten Quartal 2013 sind es zehn Prozent.

Liberalisierung: Vor den Hilfszahlungen soll die Liberalisierung etwa bei Kliniken, Apothekern, Optikern, Buchhaltern, Maklern und anderen, bislang vor Konkurrenz geschützten Berufen auf den Weg gebracht werden. In überteuerten Wirtschaftsbereichen muss ausländische Konkurrenz zugelassen werden. EU-Bürger und -Firmen erhalten so zum Beispiel das Recht, in Griechenland eine Tankstelle, ein Transport- oder ein Bahnunternehmen zu betreiben. Der Linienbusverkehr soll liberalisiert, Zugangsschranken zum Taximarkt sollen beseitigt werden.

(Quellen: www.tagesschau.de / www.sueddeutsche.de)

Koalition beschließt Kürzung der Solarförderung – Aktuelle Stunde im Bundestag

In einer von SPD und Grünen beantragten Aktuellen Stunde zu den Kürzungen der Solarförderung und der Aufweichung der europäischen Richtlinie für Energieeffizienz haben die SPD-Abgeordneten der Regierung vorgeworfen, die Energiewende und Arbeitsplätze aufs Spiel zu setzen. Kritik an den Vorschlägen von Wirtschaftsminister Rösler (FDP) und Umweltminister Röttgen (CDU) kommt nicht nur aus der Opposition, sondern auch aus den CDU-regierten Ländern. Bereits in der letzten Sitzungswoche hatte es eine Aktuelle Stunde zum Versagen der schwarz-gelben Bundesregierung bei der dringend notwendigen Energiewende gegeben. In einem radikalen Einmalschritt wollen Rösler und Röttgen die Vergütung für die Einspeisung von Solarenergie ins Stromnetz kürzen. Darauf sollen monatliche Vergütungskürzungen um weitere 0,15 Cent folgen und ab 2013 sollen nur noch 85 Prozent des Stroms vergütet werden. Die SPD-Fraktion hat die Entwicklung der Solarförderung immer konstruktiv begleitet und Vorschläge gemacht, wie die Förderung in vernünftigen Schritten abgesenkt werden könnte. Und auch die Solarbranche selbst ist für Veränderungen offen. Doch so eine radikale Kürzung birgt hohe Risiken.

Damit nimmt die Bundesregierung eine große Verunsicherung von Investoren und die Gefährdung zahlreicher Arbeitsplätze in Kauf. Insgesamt sind im Bereich der Solarenergie in Deutschland mehr 150.000 Arbeitsplätze entstanden. Die Solar-Branche ist mit 12.500 Beschäftigten im Solar-Valley in Mitteldeutschland die zweitwichtigste Branche in den ostdeutschen Ländern. Die Entwicklung von Speichertechnologien für erneuerbare Energien treibt Schwarz-Gelb nicht voran. Damit lassen sie ein Schlüsselprojekt für die Energiewende links liegen. Ebenso steht es um die Energieeffizienz, die die Regierung nicht mit Maßnahmen unterlegt.

Verbesserung der Bekämpfung des Rechtsextremismus

In erster Lesung hat sich der Bundestag am Donnerstag mit einem Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Verbesserung der Bekämpfung des Rechtsextremismus“ beschäftigt. Durch das Gesetz sollen die Grundlagen für die Errichtung einer zentralen Datei geschaffen werden, die von den Polizeibehörden und den Nachrichtendiensten genutzt werden können. Ziel ist es, den Informationsaustausch weiter zu verbessern. Einzelne Erkenntnisse, über die eine Behörde bereits verfügt und die bei einer entsprechenden Verknüpfung mit den Erkenntnissen anderer beteiligter Behörden zur Bekämpfung des gewaltbezogenen Rechtsextremismus beitragen können, würden durch die Datei leichter zugänglich.

Den Gesetzentwurf der Bundesregierung finden Sie unter:
http://dip.bundestag.de/btd/17/086/1708672.pdf

Rentenversicherung an den demografischen Wandel anpassen

Um Menschen, die aufgrund einer Krankheit oder Behinderung beeinträchtigt sind, wieder in das Berufsleben einzugliedern, finanziert die Rentenversicherung deren medizinische Rehabilitation und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Bisher werden die jährlichen Ausgaben dafür nach der voraussichtlichen Entwicklung der Bruttolöhne der Arbeitnehmer festgesetzt. Diese sogenannten Rehabilitationsleistungen werden vor allem von älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Anspruch genommen. Durch den demografischen Wandel wächst die Nachfrage nach diesen Leistungen. Jedoch reichen die Finanzmittel dafür nicht aus. In ihrem Antrag fordert die SPD-Bundestagfraktion die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die demografische Entwicklung und die längere Lebensarbeitszeit in den Rentenanpassungsmechanismus einbezieht. Die Ausgaben für Rehabilitationsleistungen sollen anhand objektiver Kriterien ermittelt werden. Zudem sind bestehende Präventionsleistungen weiter zu entwickeln.

Den Antrag der SPD-Bundestagsfraktion finden Sie unter:
http://dip.bundestag.de/btd/17/086/1708602.pdf

Finanzkrise, Energiewende, Alphabetisierung – Sitzungswoche vom 6.-10.2.2012

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Die Finanz- und Schuldenkrise in Europa droht immer stärker auch zu einer sozialen Krise zu werden. Seit zwei Jahren versuchen sie Staats- und Regierungschefs die Situation mit Sparauflagen in den Griff zu bekommen. Auch der sogenannte Fiskalpakt der Bundeskanzlerin, der die Euro-Staaten zu mehr Haushaltsdisziplin zwingen soll, geht in diese Richtung. Dabei sehen wir, dass Sparen allein nicht die Antwort sein kann. Ein Reformprozess kann nicht nur auf Haushaltskürzungen beruhen. Die Wirtschaft in Griechenland ist zusammen gebrochen und in Spanien herrscht eine Arbeitslosigkeit von 22 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit liegt sogar bei 45 Prozent – um nur zwei Beispiele zu nennen. Sozial ist diese Entwicklung katastrophal, weil eine ganze Generation heranwächst, die kaum eine Chance auf einen sicheren Arbeitsplatz nach ihrer Ausbildung hat. So etwas schürt Unmut und kann zu politischer Instabilität führen. Zudem brechen die Steuereinnahmen weg, was die Haushaltslage in den Ländern weiter verschärft. Der von der Bundesregierung verfolgte Ansatz, mit immer neuen Sparbemühungen aus der Krise zu kommen, kann nicht funktionieren.

Neben den klar notwendigen Anpassungsmaßnahmen und Reformen in den Krisenländern Europas muss diesen Staaten und den Menschen dort eine Wachstumsperspektive eröffnet werden. Als SPD-Fraktion haben wir schon früh einen Strategiewechsel eingefordert. Wir brauchen Investitionen in Bildung und Infrastruktur. Wichtig bleibt: Dieses Projekt ist nicht über neue Schulden, sondern über eine europäische Finanztransaktionssteuer zu finanzieren, die rund 50 Milliarden Euro aufbringen kann, wenn Europa sich einig ist. Mindestens der Euroraum sollte es sein. Es wäre nur eine weitere Seite der gemeinsamen Solidarität, die wir jetzt brauchen.

Finanzmärkte besteuern, Forschung und Entwicklung fördern, Investitionen mobilisieren – das heißt Lehren aus der Finanzmarktkrise ziehen und den Menschen in den Krisenstaaten wieder eine Perspektive geben.

Diese und weitere Themen dieser Sitzungswoche habe ich in diesem Infodienst zusammen gefasst.

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Kaczmarek

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Die Themen:

1. Europas Industrie erneuern
2. Energiewende voran treiben – Aktuelle Stunde im Deutschen Bundestag
3. Atommüllfässer zurückholen
4. Doppelte Staatsbürgerschaft ermöglichen
5. Im Blickpunkt
Fachgespräch zu Alphabetisierung im Ausschuss für Bildung und Forschung
Bologna Prozess sozialer gestalten
Die SPD-Bundestagfraktion fragt nach: Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes

Europas Industrie erneuern

Die Krise im Euroraum ist weiterhin der zentrale Punkt auf der politischen Tagesordnung. In Griechenland sind die Verhandlungen über die Zukunft des Landes in die entscheidende Phase getreten. Die Gläubiger verhandeln mit der Regierung über die Bedingungen eines Schuldenschnitts. Bei einem Schuldenschnitt verzichten Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen. Die Vertreter der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds – die so genannte Troika – verhandeln über die Voraussetzungen weiterer Kredithilfen, die Griechenland im März benötigt. Entscheidungen gibt es bislang nicht, so dass sich auch der Bundestag in dieser Woche nicht mit Griechenland befassen konnte. Immer klarer wird jedoch, dass der Zusammenhalt der Eurozone auf dem Spiel steht und dass Haushaltskonsolidierung und striktes Sparen ohne Investitionen in neues Wachstum nicht gelingen kann. Die Grenzen des Sparens sind in Griechenland wohl erreicht. Die Bundesregierung spricht jetzt zwar über Wachstum und Beschäftigung, hat aber nichts anzubieten, um die Abwärtsspirale aus wirtschaftlichem Abschwung und Verschuldung zu durchbrechen. Von dem groß angekündigten Wachstumsprogramm fehlt jede Spur. Die Verabredungen zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung gehen über wohlklingende Absichtserklärungen und vage Prüfaufträge nicht hinaus. Auch das Thema Finanztransaktionssteuer spielt in den Gipfelbeschlüssen keine Rolle. Die schwarz-gelbe Koalition bleibt in der Frage zerstritten.

Der von Bundeskanzlerin Merkel geforderte sogenannte Fiskalpakt liefert keinen Beitrag zur Lösung der drängenden Probleme in der Eurozone. Weder wurde der Pakt unterzeichnet, noch ist in absehbarer Zeit mit einer Ratifizierung in den Mitgliedsländern des Pakts zu rechnen. Für die Europäische Union wird er ohnehin nicht gelten, da Großbritannien und Tschechien nicht mitmachen. Ziel des Fiskalpaktes ist, dass sich die Euro-Staaten gemeinsam strengere Regeln für ihre Haushaltspolitik geben.

Eine echte Wachstumsstrategie für Europa
Notwendig ist eine echte Wachstumsstrategie für Europa. Wir brauchen ein Programm der industriellen Erneuerung, das Europa im globalen Wettbewerb als Produktionsstandort und Ausrüster für ein nachhaltiges Wohlstandsmodell positioniert. Die Bundesregierung betreibt Feigenblattpolitik und bleibt Antworten auf die entscheidenden Fragen schuldig. Immer neue Verschuldung kann nicht mit immer neuen Krediten und neue Kredite mit immer neuen Sparauflagen beantwortet werden.

Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier hat in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die notwendigen Maßnahmen genannt, um den Teufelskreislauf zu durchbrechen. Sie finden seinen Artikel unter: http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_dok/0,,60049,00.html