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Jamaika geplatzt, Neuwahlen möglich – Sonderinfodienst aus Berlin am 22.11.2017

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Die Gespräche zwischen CDU/CSU, FDP und Grünen über die Bildung einer neuen Koalition wurden von den Liberalen abgebrochen. Angela Merkel ist gescheitert, eine handlungsfähige Regierung zu bilden. Christian Lindner und die FDP haben ohne eine inhaltlich nachvollziehbare Begründung und nur aus parteitaktischen Interessen heraus die Koalition platzen lassen. Dieses unverantwortliche Verhalten hat die Bundesrepublik Deutschland in eine historisch einmalige Lage gebracht.

 

Jetzt den Versuch zu unternehmen, die SPD für dieses Versagen in Haftung zu nehmen, weise ich entschieden zurück. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben vor und nach der Bundestagswahl klar gesagt, dass es keine inhaltlichen Schnittmengen für eine Fortsetzung der Großen Koalition gibt. Weder für die Abschaffung des Kooperationsverbots, noch für die Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung oder für die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung gibt es eine gemeinsame Mehrheit mit CDU und CSU.

 

In dieser Lage entscheidet jetzt der Bundespräsident. Ich bin froh, dass mit Frank-Walter Steinmeier ein erfahrener und besonnener Politiker im Schloss Bellevue sitzt. Trotzdem ist derzeit nicht sicher, wie es in den nächsten Tagen weitergeht. Eine Minderheitsregierung ist möglich, aber nach den Aussagen der Kanzlerin eher unwahrscheinlich. Stattdessen könnte es Neuwahlen geben, doch auch das ist nicht zwingend. Die SPD wird sich jedenfalls aktiv an allen Gesprächen beteiligen.

 

Die politische Lage ist schwierig, aber nicht unlösbar. Eine geschäftsführende Bundesregierung, an der die Ministerinnen und Minister der SPD nach wie vor beteiligt sind, ist weiter im Amt. Der Deutsche Bundestag ist gewählt und handlungsfähig. Wie auch immer es weitergehen wird: Deutschland ist stabil genug, diese Phase der Unsicherheit bei der Regierungsbildung zu meistern.


Die weiteren Themen des Infodiensts sind:

  1. Schwampel-Verhandlungen gescheitert – wie geht es weiter?
  2. Stahlstandorte sichern
  3. SPD legt Entwurf für ein Einwanderungsgesetz vor

 

 

Mit freundlichen Grüßen,

 

Oliver Kaczmarek

Schwampel-Verhandlungen gescheitert – wie geht es weiter?

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In der Geschichte der Bundesrepublik ist es ein einmaliger Fall, dass nach einer Bundestagswahl keine neue Regierungskoalition eine Mehrheit hat. Nach dem Scheitern der Jamaika-Gespräche und der Entscheidung der SPD, bei ihrem Nein zur Großen Koalition zu bleiben, ist die Lage derzeit offen. Es werden weitere Gespräche mit dem Ziel geführt, auf der Basis des jetzigen Wahlergebnisses eine Lösung zu finden. Ansonsten bleiben zwei Optionen: entweder die Bildung einer Minderheitsregierung oder Neuwahlen. Das weitere Verfahren liegt in der Hand von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

 

Das Grundgesetz schreibt vor, dass der Bundespräsident dem Deutschen Bundestag nach der Wahl in jedem Fall einen Kandidaten für das Amt des Bundeskanzlers vorschlagen muss. Stimmt der Bundestag diesem Vorschlag im ersten Wahlgang nicht mit absoluter Mehrheit zu, kommt es nach 14 Tagen zu weiteren Wahlgängen. Im zweiten Wahlgang kann der Bundestag einen eigenen Kandidaten vorschlagen. Erhält auch dieser nicht die absolute Zustimmung der Abgeordneten, würde im Dritten eine einfache Mehrheit ausreichen. Dann kann der Bundespräsident entscheiden, ob er den gewählten Kandidaten zum Kanzler einer Minderheitsregierung ernennt.

 

Wie schon zwischen 2010 und 2012 in NRW würde das auch im Bund heißen, dass sich die Bundesregierung bei jeder Abstimmung im Bundestag eine neue Mehrheit suchen muss. Das ist aber besonders bei der Verabschiedung des Bundeshaushalts kompliziert. Trotz dieser Schwierigkeiten sind Minderheitsregierungen in Europa keine Seltenheit, in Schweden sind sie beispielsweise sogar die Regel. Sollte sich der Bundespräsident in dieser Situation jedoch gegen eine Minderheitsregierung entscheiden, dann löst er den Bundestag auf. Infolgedessen käme es innerhalb von 60 Tagen zu Neuwahlen.

 

Ausführliche Informationen über die Kanzlerwahl finden Sie hier.