Für einen breiten Qualitätspakt in der Reform der Lehrerbildung
Am 26. April 2013 hat Oliver Kaczmarek in der Debatte zur Reform der Lehrerbildung im Plenum des Deutschen Bundestages geredet.
Das Video zu der Rede finden Sie hier.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,
Die Lehrerausbildung auf neue Herausforderungen einzustellen, ist sicher eine der Schlüsselstellen im Bildungswesen. Die Länder haben sich deshalb auch bereits auf den Weg gemacht und die Praxisphasen sowie die Fachdidaktik gestärkt oder Lehrerbildungszentren an den Hochschulen eingerichtet.
Die zusätzlichen Mittel aus der Qualitätsoffensive, 50 Millionen Euro pro Jahr, werden helfen, neue Erkenntnisse zu gewinnen und den Transfer zu beschleunigen. Das erkennen wir an. Wir sollten aber auch nicht vergessen, was die Länder heute schon tun.
In meinem Bundesland Nordrhein-Westfalen, das aus der Qualitätsoffensive bis zu 10,6 Millionen Euro pro Jahr erhält, wurden bereits in diesem Jahr 19 Millionen Euro zusätzlich für die Weiterentwicklung des Lehramtes bereitgestellt.
Das zusammen zeigt doch: nur gemeinsam können Bund und Länder die Lehramtsausbildung neu profilieren und dem Fachkräftemangel begegnen! Wir sollten das nicht künstlich trennen.
Ich will nur wenige Punkte benennen, die aus unserer Sicht in der Qualitätsoffensive noch der weiteren Berücksichtigung bedürfen.
Erstens: Eine frühzeitige Berufsorientierung in der Schule ab Klasse 7 oder 8 stellt zusätzliche Anforderungen an Lehrerinnen und Lehrer. Auf diese sind sie aufgrund ihrer bisherigen Ausbildung zumindest an allgemeinbildenden Schulen nicht immer ausreichend vorbereitet. Es wäre deshalb gut, wenn die Qualitätsoffensive auch Projekte aus diesem Bereich auslösen würde.
Im Übrigen: insbesondere im gewerblich-technischen Bereich der berufsbildenden Schulen zeichnet sich ein Lehrermangel ab. Wir müssen deshalb auch darauf achten, dass die speziellen Belange von Berufsschulen und Berufskollegs einen prominenten Platz in der Qualitätsoffensive erhalten.
Zweitens: Die Enquete-Kommission Internet und Digitale Gesellschaft hat die Konsequenzen der Digitalisierung unseres Alltags für die Bildung beschrieben. Schülerinnen und Schüler müssen Medienkompetenz erwerben können, um sich in der digitalen Welt selbstbestimmt und kritisch bewegen zu können. Das ist eben nicht nur eine Frage der Ausstattung mit digitalen Lernmitteln, das ist auch eine Frage der Aus- und Fortbildung derjenigen, die Medienkompetenz vermitteln sollen. Deshalb die herzliche Bitte an den Bund und die Länder, dieses Thema ebenfalls in der Qualitätsoffensive zu verankern.
Drittens: Wir brauchen eine schnelle Schnittstelle zwischen den Erkenntnissen der Bildungsforschung und dem Lehrerberuf. Deshalb gehört auch die Fortbildung zurecht zum Blickfeld der Qualitätsoffensive. Hier müssen sich auch die Hochschulen stärker profilieren. Denn wir können nicht nur auf zukünftige Lehrergenerationen schauen, wir müssen auch die im Auge haben, die heute schon im Dienst sind.
Und viertens: Schulen, die sich zu ihrem kommunalen Umfeld öffnen, Ganztagsschulen zumal, werden zu offenen Häusern des Lernens, in denen viele pädagogische Professionen zusammenarbeiten sollen. Auch das gehört zu den Anforderungen des Lehrerberufs.
Gemeinsam haben Bund und Länder deshalb mit der Einrichtung von zusätzlichen 3.000 Schulsozialarbeiterstellen im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets dafür gesorgt, dass Lehrerinnen und Lehrer auch von Aufgaben im familiären Umfeld der Schüler oder bei der Berufsorientierung entlastet werden. Diese Stellen, die letztlich auf den Druck von Rot und Grün geschaffen wurden, haben sich in der Praxis bewährt. Umso unverständlicher ist, dass die zuständige Bundesarbeitsministerin sich bislang weigert, die Finanzierung dieser Stellen weiter zuzusichern.
Wenn sich die Koalition hier nicht bewegt, werden diese Stellen spätestens zum Ende des Jahres wegfallen und sie überlassen es ihrer Nachfolgeregierung die Scherben zusammenzufegen. Deshalb: die zusätzliche Schulsozialarbeit muss erhalten bleiben und der Bund muss seiner Verantwortung nachkommen!
Vielen Dank.