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Persönliche Erklärung zum Einsatz deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS

Mit großer Sorge blicken wir auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten.

Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht.

Ich bin überzeugt, dass es für den zugrundeliegenden Syrienkonflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung (Konferenzen in Wien) hat Deutschland sich mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg.

Ich unterstütze den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien (ohne ISIS) zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Prof. Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näher zu kommen.

Mit den Erklärungen der Wiener-Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart.

Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren.

Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrienkonfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers.

Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert.

Trotz meiner großen Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS habe ich nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess uns entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen.

Diese Zustimmung fällt nicht leicht. Ich weiß jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als ein Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener-Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss.

Ich unterstütze die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, Al Qaida und mit ihnen verbündeten Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu.

Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen.

Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „Ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen.

Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250.000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen.

In Anbetracht der über 6 Millionen Binnenflüchtlinge und über 4 Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für Humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken.

 

Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu.

 

Mandat für den Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte gegen die Terrororganisation IS

Deutschland wird den Kampf gegen die Terrororganisation IS durch die Entsendung deutscher Streitkräfte unterstützen. Das hat am Freitag die Mehrheit der Abgeordneten im Deutschen Bundestag beschlossen. Die vorgesehenen Kräfte können eingesetzt werden, solange die völkerrechtlichen Voraussetzungen und die Zustimmung des Bundestages vorliegen, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2016

Nach den Anschlägen von Paris am 13. November 2015 hat Frankreich unter Berufung auf Art. 42 Abs. 7 des Vertrages über die Europäische Union seine europäischen Partner um Beistand gebeten. Deutschland wird dieser Bitte auf Grundlage des erteilten Mandats nachkommen.

Bis zu 1.200 Soldatinnen und Soldaten können mit entsprechender Ausrüstung für den Einsatz bereitgestellt werden. Dieser erfolgt vorrangig im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation IS in Syrien sowie auf dem Territorialgebiet von Staaten, von denen eine Genehmigung der jeweiligen Regierung vorliegt, sowie im Seegebiet östliches Mittelmeer, Persischer Golf, Rotes Meer und angrenzende Seegebiete.

Konkret ergeben sich aus dem Mandat folgende Aufgaben für die Bundeswehr:

  • Einsatzunterstützung durch Luftbetankung,
  • Begleitschutz und Beitrag zur Sicherung des Marineverbandes durch eine Fregatte,,
  • See- und Luftraumüberwachung,
  • Aufklärung mittels sog. RECCE-Tornados,
  • Austausch und Abgleich gewonnener Lageinformationen mit weiteren Akteuren der internationalen Allianz gegen IS im Rahmen des Auftrags,
  • Wahrnehmung von Verbindungs-, Beratungs- und Unterstützungsaufgaben gegenüber Hauptquartieren der multinationalen Partner und im Rahmen der internationalen Allianz gegen IS,
  • Gewährleistung von Führungs-, Verbindungs-, Schutz- und Unterstützungsaufgaben für die Durchführung des Einsatzes deutscher Kräfte, dabei ggf. auch Rettung und Rückführung isolierten Personals.

Die Bundeswehr wird vor Ort insbesondere Aufgaben im Bereich der Führung und Führungsunterstützung, Aufklärung und Nachrichtenwesen wahrnehmen und logistische, sanitätsdienstliche und sonstige Unterstützung hinsichtlich der Sicherung und des Schutzes, ggf. Rettung und Rückführung isolierten Personals leisten.

Den Mandatstext finden Sie hier: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/068/1806866.pdf

Syrische Chemiewaffen vernichten

Am Mittwoch  stimmte der Deutsche Bundestag mit den Stimmen der SPD-Bundestagsfraktion einem Antrag der Bundesregierung zur Beteiligung deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Vernichtung syrischer Chemiewaffen zu. Dabei können bis zu 300 Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden. Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte bereits im Januar deutsche Unterstützung bei der Vernichtung syrischer Chemiewaffen in Aussicht zugesagt, da die Bundeswehr hier über große Expertise verfügt. In einem ersten Schritt wurde dazu die Nutzung der bundeseigenen Gesellschaft zur Entsorgung von chemischen Kampfstoffen und Rüstungsaltlasten (Geka) im niedersächsischen Munster ermöglicht, in der die Reststoffe mehrerer hundert Tonnen bereits zerlegter Kampfstoffe neutralisiert werden. Mit dem vorliegenden Mandat soll sich die Bundeswehr nun auch am maritimen Begleitschutz für das US-Schiff „Cape Ray“ beteiligen, auf dem die Chemiewaffen vor der Küste Syriens zerlegt werden. Die Vernichtung syrischer Chemiewaffen findet unter Mandat der Vereinten Nationen statt.

Der Einsatz fügt sich in die umfassenden deutschen Maßnahmen zur Unterstützung der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen ein: Neben dem Angebot der Nutzung der Geka in Munster gehören dazu Finanzhilfe an die OVCW (Organisation für das Verbot chemischer Waffen) von insgesamt 5 Mio. Euro, die Beteiligung deutscher Forschungsinstitute und -labore bei der Auswertung der Chemiewaffenproben aus Syrien im Rahmen des Sellström-Berichts, die logistische Unterstützung für die OVCW-Inspektoren sowie ein erfolgreiches Werben um EU-Gelder für die Chemiewaffenvernichtung. Die EU stellte jüngst 12 Mio. Euro zur Verfügung.

 

Den Antrag der Bundesregierung finden Sie hier: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/009/1800984.pdf